Unicorno Azul in Guatemala: Die Ruhe, das Licht und das blaue Einhorn
Unicorno Azul in Guatemala: Die Ruhe, das Licht und das blaue Einhorn*
Es war einmal im tiefen Guatemala, auf den sagenumwobenen Höhen der Cuchumatanes versteckt – ein blaues Einhorn…
Was nach einem alten Mayamärchen, oder nach durch Sauerstoffmangel erzeugte Halluzinationen klingt, ist in Wirklichkeit ein kleines Hotel* mit Reiterhof auf dem 3080 m hohen Plateau in der Nähe Huehuetenangos. Mit fünf einfachen, aber gemütlichen Zimmern und eigenem Bad verteilt auf das Haupthaus und ein Nebenhaus, wirbt dieses familiengeführte Hotel mit Ruhe und einer unvergesslichen Landschaft. Ob wir – mein Mann und ich* – sie gefunden haben, erfahrt ihr nun.
Die Anfahrt zum Unicorno Azul in Guatemala
Obwohl laut Google Maps nur 130 Kilometer die Hauptstadt vom Unicornio trennen, sollte man zunächst eine 6-Stunden Fahrt plus Pipipausen einplanen, zum Beispiel eine in Tecpán im Rincón Suizo, und eine hinter Quiché bei „Ottos Bistro“ .
Achtung bei Waze und Googlemaps: Beide wollen wohl, dass dieser Ort ein Geheimnis bleibt und schicken euch an falsche Orte. Folgt lieber der Wegbeschreibung von der Homepage und lasst euch nach Capellanía (nördlich von Huehuetenango) leiten und da an der Kurve bei „Tienda Mari“ rechts auf die Schotterstraße biegen. Nach 1 km beginnt die Ausschilderung zum Unicornio Azul und nach weiteren 5km der Straße und 2 weiteren (kleinen!) blauen Schildern kommt man an.
Die Gegend um das Unicorno Azul in Guatemala
Auf den letzten Kilometer sieht man das ländliche Leben. Auf der Straße treiben traditionell gekleidete Kinder Schafe vor sich her, ältere Damen waschen sich im Bach, ältere Herren mit Strohhut tragen Wasserkanister nach Hause. Überall Hühner, Schweine, Hunde und Kühe. Überall viel Gemütlichkeit, stellenweise vermüllt.
Und dann? Nachdem sich der Staub gelegt hat, kommst du an. Hier bedeutet „Ankommen“ Licht, Weite und Ruhe. Ab und zu bellt ein Hund in der Ferne, aber sonst braust nur den Wind durch die würzig duftenden Büsche. Sogar Vögel sind außerhalb der Wäldchen nur seltene Besucher. Das Licht hier oben ist hell. Das mag komisch klingen, aber die pastelligen Sepia-Farben der Landschaft scheinen hier oben zu strahlen und Schatten sind rar. Die Sonne wärmt tagsüber die Luft und hoher Sonnenschutzfaktor ist Pflicht für europäische Blässe. Ähnlich trocken, sonnig und leuchtend hätte ich mir eher eine Savanne vorgestellt – wenn da nicht die Nächte wären.
Das Klima
Oh, die Nächte im Unicorno Azul in Guatemala sind kalt. Temperaturen um den Gefrierpunkt sind hier nachts nicht außergewöhnlich, sogar winterlich gepudert kann die Ebene hier nach kalten Nächten aussehen. Aber es ist vorgesorgt: Zumindest in 4 der sauberen 5 Zimmer befindet sich ein kleiner Ofen, der das Zimmer mit dem bereitgestellten Feuerholz schnell aufwärmt. Dennoch sind kuschelige Schlafbekleidung sowie Wollsocken eine super Idee, genauso wie Wasserkocher und eine Wärmflasche. Und falls man auch dann – vielleicht wegen des aufregenden Tages oder der Höhe – noch nicht schlafen kann oder mag, mummelt man sich eben ein und zählt nach dem aufregenden Tag Sterne.
Insgesamt ist die beste Reisezeit zum Unicornio Azul wohl die Trockenzeit. Im November ist es dann grün, die Fahrt kann aber noch beschwerlich sein. Der Januar ist sehr(!) kalt, aber trocken und klar. Ab März ist wärmer (das heißt hier momentan: 1-15 Grad), aber die Sicht ist trüber.
Die Zimmer
In „normalen“ pre-COVID-19 Zeiten gab es für alle Zimmer einen gemeinsamen Speisesaal im Haupthaus. Momentan wird hier Sicherheit glücklicherweise großgeschrieben. Zu dem 21 Punkte umfassenden Maßnahmenkatalog des Hotels gehört, dass Gäste ihre Essen draußen vor ihrem Haus einnehmen. Damit es abends gemütlich werden kann, stehen neben den Tischen kleinere Ölheizungen. Dennoch ist es empfehlenswert, sich ein paar Lagen Kuschelkleidung mitzunehmen.
Die Verpflegung
Das Essen hier ist gut und immer mit leicht mediterraner Note, die wohl Pauline, der französischen Besitzerin des Hotels, zu schulden ist. Egal ob mittags oder abends gibt es ein kleines, aber feines Menü, das neben Nudelgerichten auch Spezialitäten der Cuchumatanes präsentiert, zum Beispiel Lammkotelett oder Bohnensuppe. Das in der Übernachtung inbegriffene Frühstück ist etwas traditioneller – Eier, Pancakes oder Müsli, aber immer mit dem hervorragenden Kaffee aus der Region um Huehuetenango.
Die Freizeit
Danach bist du bereit für das Highlight des Hotels – die Reittour. Jedoch nur, sofern du leichter bist als 85 kg. Nach einer ausführlichen Einleitung wurden wir blutigen Anfänger seelenruhig durch die karge und doch strahlende Landschaft getragen. Die Pferde haben hier im Hotel viel Platz zum Grasen, schöne Ställe, viel Pflege und vor allem viel Liebe und das merkt man auch. Unsere Anfängerpferde Ixchel, Tuareg und Co ließen sich durch nichts aus der Ruhe bringen, nicht einmal von einem Tuktuk. Um die posada herum gibt es mehrere pittoreske Dörfchen zu erkunden, und alle Wanderungen werden immer auf das Niveau der Gruppe angepasst. Helme gibt es für alle Kopfgrößen und Pauline passt auf jedes ihrer Schäfchen sehr genau auf.
Selbst wenn du kein großer Fan vom Reiten bist, kannst du dich trotzdem ein wenig bewegen, und zwar bei einem Spaziergang auf den hoteleigenen Aussichtspunkt. Dieser ist ca. 10 Minuten entfernt vom Hotel und auf dem Grundstück des Hotels, also privater und nicht so überlaufen wie andere Aussichtspunkte hier in der Nähe (Mirador de Juan Dieguez Olaverri – I’m looking at you). Da oben siehst du dann Vulkane noch und nöcher (unter anderem Tajumulco, Fuego und Santa María), und je nach Sichtweite noch viel mehr.
Alternativ organisieren Pauline und ihr Team gerne Trips zu anderen Orten des Agrotourismus (z. B. einen traditionellen Schafsbauernhof mit Lamas, oder eine Kaffeefinca) oder geben dir Tipps.
Das Fazit
Alles in allem ist dieser Ort tatsächlich wie aus einem Märchen. Wir fanden in ihm die Oase der Ruhe und Natur, die wir gesucht hatten. Trotz der Kälte haben wir uns von der ersten Sekunde an heimelig, sicher und wohl gefühlt, und sobald es hier in der Ferienzeit wieder ein freies Zimmer gibt, werden wir ohne Frage zurückkommen.
*Der Name Unicornio Azul stammt übrigens aus dem Lied „Mi Unicornio Azul“ des kubanischen Sängers und Liedermachers Silvio Rodríguez.
*Dieser Beitrag ist ein Gastbeitrag meiner lieben Kollegin Julia. Leider war es mir bisher nicht möglich, das Unicorno Azul in Guatemala selbst zu besuchen und weil ich so gespannt auf ihre Erzählungen war, fragte ich sie, ob sie nicht einen Gastbeitrag für meinen Blog verfassen wolle. Julia hat sofort zugesagt! Danke dir! <3