Balaton in Ungarn – Badeparadies in Ungarn oder nicht nachvollziehbarer Hype?

Der Balaton in Ungarn früher – es war einmal…

Vor allem während der Zeit des Kalten Krieges und der Teilung Europas spielte der Balaton in Ungarn eine bedeutende Rolle als beliebtes Reiseziel für Deutsche aus der ehemaligen DDR und anderen sozialistischen Ländern des Ostblocks. Warum viele Deutsche früher an den Plattensee reisten, dafür gibt es mehrere Gründe:

Der wesentlichste Grund war wahrscheinlich die Bezahlbarkeit: Reisen in westliche Länder waren für die Bürger der DDR und anderer sozialistischer Staaten oft schwierig oder nicht möglich. Der Plattensee in Ungarn war jedoch vergleichsweise nah und erschwinglich, wodurch er eine attraktive Alternative für Urlauber aus diesen Ländern darstellte. Trotz der politischen Barrieren gab es eine gewisse Offenheit für den kulturellen Austausch zwischen den sozialistischen Ländern. Der Plattensee bot eine Gelegenheit für Menschen aus verschiedenen Ländern des Ostblocks, sich zu treffen, Kontakte zu knüpfen und ihre Kulturen miteinander zu teilen. Der Plattensee bot zudem eine erholsame Umgebung für Ferien am Wasser, lag relativ nah zur DDR und anderen sozialistischen Ländern und bot Reisefreiheit.

Balaton in Ungarn

Balaton in Ungarn

Der Plattensee heute – was man so hört

Ja, auch heute noch reisen viele Deutsche an den Plattensee, wenn auch möglicherweise nicht in dem Ausmaß wie während der Zeit des Kalten Krieges. Der Plattensee gilt nach wie vor als ein beliebtes Reiseziel für deutsche Touristen, denn Nähe und Erreichbarkeit spielen natürlich immer noch eine Rolle. Hinzu kommen vielfältige Freizeitmöglichkeiten, wie Wassersport, Radfahren, Wandern und kulturelle Aktivitäten, die am See möglich sein sollen. Auch gelten Natur und Landschaft am Plattensee als wunderschön, eine Reihe von Wellness- und Spa-Angeboten in der Region um den Plattensee ermöglichen Entspannung und Erholung und die Weinregion um den Plattensee bietet außerdem die Möglichkeit, verschiedene lokale Weine zu probieren. Das insgesamt angeblich gute Preis-Leistungs-Verhältnis im Vergleich zu anderen beliebten europäischen Reisezielen macht die Region sicherlich ebenfalls attraktiv.

Balaton in Ungarn

Aber aber: Mein ganz persönliches Fazit zum Balaton in Ungarn und einer Reise durch Ungarn

Spoiler Alert: Die Aussichtsplattform in Balatonvilagos am Plattensee war leider das einzige, das ich am Balaton schön und charmant fand. Zugegeben, der morgendliche Blick auf den See war magisch und erinnerte mich in vielerlei Hinsicht an einige vergangene Wochenenden am Lago Atitlan in Guatemala. Leider war es das dann auch schon.

An Guatemala erinnerten mich übrigens auch die Straßenbedingungen, denn Schlagloch-Slalom war in Ungarn scheinbar ganz normal – auch auf Straßen, für welche du Maut bezahlen musst, bist du davor nicht gefeit.

Nicht sonderlich gewinnbringend für die Wohlfühl-Atmosphäre am Balaton in Ungarn war für mich die Tatsache, dass nahezu alles hinter Mauern bzw. hohen Hecken zu sein schien. Kalte Hochhausfassaden taten ihr Übriges und für den Zugang der Strände musste man ein extra Ticket an einem bestimmten Strandabschnitt lösen – die Parkgebühren mussten natürlich gesondert bezahlt werden. Zugegeben, das ist in Österreich ebenfalls der Fall, denn auch dort sind die sogenannten Badeplätze nicht kostenlos; im Unterschied zu Ungarn hatten die Badeplätze aber noch einen individuellen Charme und eine ruhige, entspannte Atmosphäre. Hier, in Ungarn, fehlte mir diese Atmosphäre. Und während ich am frühen Vormittag noch die Mauern, die Hecken und den Blick auf den See durch die Zäune hindurch für mich hatte, realisierte ich, dass sich gegen 9 Uhr so langsam, aber sicher die Parkplätze mit Einheimischen füllten.

Balaton in Ungarn
Straße entlang des Plattensees – rechter Hand befindet sich der See.
Balaton in Ungarn
#morningview

Ich entschied, einen Stopp in einer Tankstelle einzulegen. Ich wollte auf die Toilette, musste sowieso tanken und vor allem wollte ich bei einem Kaffee entscheiden, wie es weitergehen sollte. An der Tankstelle angelangt, sprach der Kassierer kein einziges Wort mit mir. Kein „Guten Morgen“ – weder auf Englisch noch auf Deutsch oder Ungarisch. Nichts. Kein Gruß zum Abschied. Stattdessen ein abschätziger Blick auf mein Auto. Dann auf mich. Ja, meinem kleinen Citroen sah man an, dass er aus Deutschland kam. Lag es daran? Meine Stimmung war spätestens jetzt vollständig am Boden. Ich kam zurück ans Auto und sagte zu Matute: „Tutz, es reicht, wir müssen hier weg!“ – und so fuhren wir die drei Stunden weiter bis zur nächsten Grenze und nächtigten in Graz… 

Zäune, Zäune, Zäune…
Balaton in Ungarn
Mehrfamilienhäuser mit Blick auf den See, die aber gleichzeitig auch den See versperren.
Balaton in Ungarn
Auch Matute findet’s grad irgendwie kacke…

Denn auch sonst hat mich Ungarn nicht wirklich angemacht. Nach einem zwar durchaus gelungenen Besuch der Altstadt von Budapest gab es leider nur wenig, das mir an Ungarn gefallen hat. Viele Orte – auch oder vor allem in der Hauptstadt – sind heruntergekommen, völlig in die Jahre gekommen oder absolut nicht modernisiert. Gleichzeitig sind die Preise dermaßen hoch, dass die Relation nicht mehr gegeben ist. So habe ich beispielsweise für eine 0815-Unterkunft in Budapest 100 Euro bezahlt. Bekommen habe ich eine Unterkunft aus den 70ern (du weißt schon, dunkles Holz und überall Teppichböden), die weder gepflegt, noch sauber, noch schön war.

Alles, was ich von Ungarn gesehen habe, erinnerte mich irgendwie an Stagnation. Stagnation irgendwo in den 70ern oder 80ern. Vieles roch nach Dilettantismus. Man versucht, etwas schön zu machen, scheitert dabei aber so dermaßen, dass von Schönheit keine Spur ist, du aber gleichzeitig den gemachten Versuch noch erkennen kannst. Von den Straßenbedingungen will ich nun kein drittes Mal anfangen, aber wenn eine Straße mehr geflickt als gemacht ist, aus einer zweispurigen (schlechten) Autobahn vom einen auf den anderen Meter plötzlich eine einspurige (schlechte) Landstraße wird, dann frage ich mich schon, an welchem Ort in Ungarn genau das Geld für die Maut investiert wird. Kurzum, es gab leider keinen Ort in Ungarn, an welchem ich mich wirklich wohlfühlte, aber wer weiß, vielleicht war ich auch einfach an den falschen Orten…

Drei-Sterne-Unterkunft für 100 Euro (gut, inkl. Kühlschrank, Wasserkocher, Föhn – sind das nicht genau die Kriterien, die es für drei Sterne braucht?)
Den Schmutz hinter dem Spiegel und die Spinnweben neben der Toilette und auch sonst überall erspare ich dir.

Für diese Straße bezahlst du in Ungarn Maut… – sieht fast so aus wie in Guatemala. 😀