Erfahrungsbericht Ausflug ins Colca-Tal – to do or not to do
Erfahrungsbericht Ausflug ins Colca-Tal – to do or not to do
Meinen Aufenthalt in Arequipa wollte ich deswegen auf mehrere Tage erweitern, weil ich noch einen Ausflug ins Colca-Tal unternehmen wollte. Die Bilder des Canyons, die ich im Internet gesehen hatte, fand ich als so unglaublich schön, dass es mir nicht nehmen lassen wollte, diese Landschaft mit meinen eigenen Augen gesehen zu haben.
Dass es sich dabei aber um den mitunter nervigsten und vor allem nervenaufreibendsten Tag auf Reisen handeln und ich diesen Tagesausflug schon währenddessen, vor allem aber hinterher sehr kritisch hinterfragen würde, darauf war ich nicht vorbereitet.
Aber der Reihe nach…
Das Colca-Tal und der Colca Canyon in Peru
Das Colca-Tal in Peru ist eine riesige Schlucht, die nördlich von Arequipa verläuft. Während einer Fahrt durch das Colca-Tal befindest du dich auf den unterschiedlichsten Höhen, auf die höchsten 5.000 Höhenmeter gelangst du jedoch nicht. Und das ist auch gut so, denn dort liegt ordentlich Eis und Schnee.
Das Colca-Tal selbst liegt dabei auf einer Höhe von knapp 3.300 Metern, während der Colca Canyon „nur“ knapp 1.800 Meter tief ist. Mit dieser Tiefe ist er der zweittiefste Canyon der Welt – mit seinen 5.500 Meter Tiefe handelt es sich bei dem Yarlung Tsangpo Grand Canyon in Tibet um den tiefsten Canyon der Welt.
Höhepunkt beim Besuch des Canyons in Peru ist dabei der Cruz del Condor, das Kreuz des Kondors, einem Ort, an welchem Kondore die morgendliche Thermik nutzen, um über dem Canyon zu kreisen.
Ausflug ins Colca-Tal ab Arequipa
Prinzipiell hast du mehrere Möglichkeiten, einen Ausflug ins Colca-Tal zu unternehmen:
Du kannst eine Ganztagestour (50 Soles) unternehmen, zwei Tage oder bis zu vier Tage zum Trekking bleiben. Aufgrund der Tatsache, dass es zahlreiche Touranbieter in Arequipa gibt und die Touren täglich starten, ist eine Vorab-Buchung über einen Anbieter im Internet nicht notwendig. Dieser nämlich wird dir nur ordentlich Provision drauf schlagen.
Für meinen Ausflug ins Colca-Tal hatte ich mich für die Tagestour entschieden – aus zwei Gründen: Mein Aufenthalt in Lima, der beruflicher Natur war, war sehr anstrengend und ich wollte daher nicht auf einem wahrscheinlich unbequemen Bett in einem kalten Haus bei einer Familie im Colca-Tal nächtigen, sondern zog ein gutes Hotel-Bett vor. Durchaus ziehe ich Erlebnisse dieser Art auf meinen Reisen vor, aber das es sich nicht ausschließlich um eine private Reise handelte, war das ein bisschen anders.
Aufgrund der Kälte, die mir bereits in Lima ordentlich zu schaffen machte, stand mir nicht der Sinn nach einem ausgiebigen Trekking durch das Colca-Tal, was bei jeder anderen Tour inbegriffen gewesen wäre. Ich wollte den Canyon sehen. Ich wollte Kondore sehen. Und dann wollte ich mich bitteschön in mein heimeliges Bettchen kuscheln, entspannen und am nächsten Tag noch ein gemütliches Sightseeing in Arequipa unternehmen.
Ausflug ins Colca-Tal in Stichpunkten:
-Abfahrt zwischen 2:30 und 3:30 Uhr – je nach Lage der Unterkunft
-Kosten: 50 Soles
Im Preis enthalten:
-Guide
-Transport
-Frühstück in Chivay
Nicht enthalten:
-Ticket in den Nationalpark (70 Soles)
-Verpflegung
-Eintritt in die Therme und auch sonst alle weiteren Aktivitäten
-Absetzen vor der Unterkunft
Station #1: Chivay
Gegen 06:30 Uhr erreicht der Bus mit den zwanzig Teilnehmern das Tickethäuschen, in welchem die Tickets für den Nationalpark verkauft werden. Danach geht es 5 Minuten weiter in das Dorf Chivay, in welchem das Frühstück eingenommen werden soll.
Ob das, was uns dort vorgesetzt wird, wirklich unter Frühstück läuft, ist äußerst fragwürdig; es handelt sich um zwei kleine, halb vertrocknete Brötchen, ein bisschen Butter und Marmelade. Das heiße Wasser für Tee ist leider nicht mehr allzu warm – Kaffeepulver gibt es erst auf Nachfrage. Und während ich so das Instantkaffee-Pulver in das lauwarme Wasser in meiner Tasse rühre, frage ich mich unweigerlich, ob das Wasser wenigstens richtig abgekocht ist…
Nach dem Frühstück geht es weiter ins Zentrum des Ortes. Chivay liegt auf 3.500m und ist sozusagen die Hauptstadt dieser Region. Es ist super kalt und wirklich viel sehe ich vom Ort nicht. Es ist der Umschlagplatz der ganzen Touri-Touren. Mehrere Transporter reihen sich auf der Hauptstraße ein; einige Minuten nach unserer Ankunft gesellen sich auch zwei mittelgroße Reisebusse hinzu.
Station #2: Maca
Nach zwanzig Minuten Fahrt erreichen wir um 7:35 Uhr unsere zweite Station: Maca, ein kleines Dorf mit einer Kirche. Wer sich hier mit Kleidung eindecken will, kann das tun. Außerdem gibt es hier den Colca Sour zu verköstigen, ein Getränk ähnlich dem Pisco Sour, allerdings mit der Frucht der Kakteen.
Allein schon das Wort sour lässt auf den Geschmack schließen. Beim Kosten der Frucht zieht es mir jedoch erst einmal alles zusammen. Saurer als jede Zitrone. Soll aber gesund sein, viel Vitamin C enthalten und bei Darmproblemen helfen. Naja, warten wir mal ab, ob das noch nötig sein wird… ich denke an meinen Kaffee von vor circa einer halben Stunde zurück.
Nach der kurzen Einführung in Colca Pisco erhalten wir die Möglichkeit, 15 Minuten über den Markt von Maca zu laufen, um uns dort mit schönen Souvenirs einzudecken.
Ich muss grinsen, während ich außerhalb der Dorfstraße in das Tal hinunterschaue. Auf geht’s zur Kaffeefahrt! 😀
Station #3: Mirador del Condor
Es ist 8 Uhr, als wir in Maca aufbrechen. Angeblich eine gute Zeit, denn die Luft ist zwischenzeitlich wärmer und das würde die Chancen erhöhen, einen Kondor zu sehen. Diese Vögel mit einer Flügelspannweite von 2 bis 3 Metern nämlich nutzen die morgendliche Thermik für ihre Futtersuche im Colca-Tal.
Eine Stunde sind wir vor Ort – und überraschenderweise wahnsinnig erfolgreich. Ich bin fasziniert von den Vögeln. Auch der Anblick des riesigen Canyons, der sich da vor mir auftut, ist atemberaubend. Eine riesige Felswand. Über 5.000 Meter Höhe. Ganz oben siehst du Eis und Schnee. Der Wind pfeift ordentlich am Rand des Canyons. Und dann kommt der nächste Kondor angeschossen. Ich habe Mühe, ihn mit meiner Kamera einzufangen. Wahllos draufhalten hilft! ;-D
Trotz der zahlreichen Menschenmassen, die sich an diesem Ort befinden, bin ich Dank den Stöpseln in meinen Ohren in der Lage, sie auszublenden. Ich setze mich auf den Rand eines Mäuerchens, lasse alle Menschen im wörtlichen Sinne hinter mir und blick auf den Canyon hinaus. Wow!
Station #4: Pinchollo
Kurz hinter Pinchollo befindet sich ein Mirador. Im Dorf selbst halten wir nicht an, sondern fahren 10 Minuten weiter bis zu einem Mirador. Der Ausblick ist fast genauso cool wie der vor dem Canyon – und hey, surprise, surprise – eine Eisverkäuferin mit selbst hergestelltem Eis gibt‘s dort zufällig auch.
Sie hat verschiedene Sorten vorbereitet, die du für 2 Soles verköstigen kannst. Eis – da sag‘ ich doch nicht nein! Es lebe die Kaffeefahrt!
Station #5: Mirador de Antahuilque
Auch beim Fotostopp am Mirador de Antahuilque handelt es um eine Szene mit Blick auf den Canyon in der Ferne und die von Menschenhand angelegten Felder.
Station #6: Yanque
Yanque selbst ist nicht unsere Station, wenngleich ich dies beim Passieren des Dorfes schon ein wenig bedauere, denn das Dörfchen sieht niedlich aus. Das Ziel des Busses sind die Termalbäder, die circa 5 Minuten außerhalb von Yanque liegen.
Wer nicht baden will (der Eintritt in die Thermalbäder kostet 15 Soles), kann hier Ziplining (50 Soles) machen, Kayak fahren (35 Soles) oder eine kleine Runde auf einem Boot für bis zu 8 Personen drehen (15 Soles pro Person).
Vergeblich suche ich nach einem Schattenplatz an den Ufern des Flusses. Die Sonne brezelt hier oben ganz schön runter. Meine Augen brennen von der hohen Sonneneinstrahlung.
Was soll’s, denke ich. Ich pushe meine Karotin-Werte und setze mich in die Sonne. Vom Ufer des Flusses aus verfolge ich einerseits das Treiben auf dem Fluss und andererseits das Herumgehüpfe in den Thermalbädern.
Als mein Blick nach oben auf die Brücke schweift, wo unser Bus geparkt ist, zähle ich zwei mittelgroße Reisebusse und 14 Transporter, die jeweils bis zu 20 Personen transportieren können.
Stationen #7 bis #9: Patapampa, Pampa de Toccra und Patahuasi
Die Stationen 7 bis 9 befinden sich innerhalb weniger Fahrminuten direkt hintereinander. Es handelt sich einerseits um einen Blick auf die Vulkanketten, welche das Colca-Tal umgeben, um eine Herde wilder Alpacas und eine Eiswand am Straßenrand.
Auf dem Plan des Touranbieters, den ich abfotografiert habe, sind an dieser Stelle Flamingos, Vicunas und Alpacas abgebildet.
Die Stimmung im Bus ist zu diesem Zeitpunkt eher schläfrig. Während sich eine Handvoll Peruaner noch zum Fotoshooting vor der Eiswand stürzen, sind die Alpacas und die Vulkanketten nicht von sonderlich großem Interesse, so dass sie teilweise nicht einmal mehr den Bus verlassen. Recht haben sie – mir reicht es jetzt auch wirklich.
Ausflug ins Colca-Tal – ein ganz persönliches Fazit
Ich tue mich schwer, ein aussagekräftiges Fazit abzugeben, denn ich bin äußerst zwiegespalten, was meinen Ausflug ins Colca-Tal angeht.
Dinge, die gegen einen Ausflug ins Colca-Tal sprechen
Durchaus, das Programm ist ziemlich gehetzt und zeitlich sehr gerafft. Aber ehrlich gesagt hätte ich sehr viel länger aufgrund der vielen Menschen an keinem Ort bleiben wollen.
Die Bootsfahrten bei den Thermalbädern erinnerten mich eher an die Uros villages zur Hauptsaison: Touristisch völlig überlaufen und einziges Ziel: Entertainment von Touristen, das schließlich dazu führt, dass sie Geld locker machen. Interessanterweise waren ¾ der Teilnehmer der Ausflüge an diesem Tag Peruaner.
Zu vernachlässigen ist ebenfalls nicht, dass solch ein Ausflug echt anstrengend ist. Ich war an diesem Tag über 14 Stunden unterwegs, hatte kaum geschlafen und auch die Zeiten, die ich im Bus gedöst habe, laufen ganz sicherlich nicht unter einen gesunden Schlaf. Das Resultat des Tages war, dass ich ziemlich hinüber war, als ich in meine Unterkunft zurückkehrte und nach dem Duschen direkt ins Bett fiel.
Dinge, die für einen Ausflug ins Colca-Tal sprechen
Durchaus positiv zu erwähnen ist natürlich der günstige Preis für diesen Trip. Bei umgerechnet 13,50 Euro kannst du eigentlich nichts falsch machen. Ein günstiger Preis ist jedoch auch immer einhergehend mit einem entsprechenden Rahmenprogramm, bei welchem du zahlreiche Möglichkeiten aufgezeigt bekommst, dein Geld zu investieren.
Prinzipiell ist es aber egal, wie viel Geld du für diesen Ausflug bezahlst, denn auch bei den mittelgroßen Bussen, deren Ausstattung weitaus besser ist als unser Transporter wurden dieselben Orte angefahren.
Atemberaubend schön war in jedem Fall der Colca Canyon und das Beobachten der Kondore. Bist du in der Lage, die Touristenmassen auszublenden, ist das ein ganz besonderes Erlebnis, so einen riesigen Vogel über deinen Kopf fliegen zu sehen, während du dich nahezu wortwörtlich am Rande eines Abgrundes befindest.
Auch die Landschaft, die ich während des Ausfluges gesehen habe, ist unglaublich schön. Sie wirkt komplett unberührt – und abgesehen von den wenigen Menschen, die hier leben und den vielen Touristenbussen, die hier auf der Straße rein und auf derselben wieder hinaus fahren, ist dies auch mit großer Wahrscheinlichkeit der Fall.
Es ist touristisch zwar völlig überlaufen, aber so ist das nun einmal mit wunderschönen Orten. An diesen bist du meistens nicht alleine, weil auch andere Menschen diese schön finden.
Aber vielleicht ist Peru auch mittlerweile so. Machu Picchu war bereits überlaufen, Cusco ist die Durchgangsstation schlechthin und der Titikaka-See ist nun einmal der höchste See auf dieser Welt. All das lockt Touristen an. Dem Land gönne ich das.
Ich bin dankbar dafür, dass ich Nischen gefunden habe, ein paar ruhige Momente an allen Orten genießen konnte, bin aber auch davon überzeugt, dass dies in der Zukunft nicht besser sondern eher schlimmer werden wird.
Ist das gut? Ist das schlecht? Ich habe keine Antwort auf diese Frage. Aber eine Erklärung: Wenn Reisen so günstig ist – und dieser Tagesausflug in das Colca-Tal für 50 Soles ist für nahezu jeden bezahlbar, auch für Einheimische- dann ist es keine Frage, dass dies passiert.
Du als Tourist, der dieses Land bereist, solltest dir daher vorab die Frage stellen: Möchte ich das? Kann ich damit leben? Oder ist mir das zuviel? Zuviel Kaffeefahrt? Zuviel Hektik? Oder stelle ich in den Vordergrund, ein Stück atemberaubende Naturlandschaft gesehen zu haben?
Ich habe diese Frage für mich beantwortet. Wenngleich ich mir im Vorhinein über den Kaffeefahrten-Charakter im Klaren war – ich hatte ein ähnliches Erlebnis bei meinem Tagesausflug nach Maras und Moray, wobei weitaus weniger Touristen unterwegs waren als im Colca-Tal – bin ich in froh darüber, das Colca-Tal besucht zu haben. Aber eine Wiederholung dieses Ausfluges brauche ich ganz sicher nicht.
Hast du schon einmal einen Ausflug ins Colca-Tal oder einen ähnlichen Ausflug unternommen? Wie hast du dies erlebt?
Lust auf mehr Reiseberichte über Peru? – Hier findest du meine Reisestationen in Peru in der Übersicht
Städte in Peru
–Arequipa (Ausflüge in Arequipa: Colca Tal)
–Barranco (Stadtteil von Lima)
–Cusco (Ausflüge rund um Cusco: Maras und Moray / Zip-lining im Sacred Valley )
–Lima
–Puno
Trekking Machu Picchu
–Peru Rail: Expedition Train vs. Vistadome
–FAQs zum Trekk auf Machu Picchu
–Machu Picchu individuell buchen
Titikaka See
–Puno
Wissenswertes für eine Reise durch Peru
–Packliste 4 Wochen Backpacking in Südamerika
-Die Fluggesellschaft Sky Airline
Sabine von Ferngeweht
September 4, 2019 @ 1:58 pm
Puh, ich bin echt froh, dass wir uns damals für die Wanderung entschieden haben. Mit dem öffentlichen Bus hin, zwei Tage Wandern im Canyon mit ganz wenigen anderen Wanderern (gut, das mag mittlerweile auch anders sein), mit dem öffentlichen Bus zum Kondorplatz und dann weiter zur Therme. Das war alles recht entspannt.