Corona Lockdown in Mexiko – Interview mit Steffi und Karsten
Corona Lockdown in Mexiko – Interview mit Steffi und Karsten
Lockdown in Guatemala
Am Freitag, den 13.03.2020 meldete Guatemala den ersten Corona-Fall im Land. Noch am selben Tag rief der Präsident den Ausnahmezustand aus. Und keine 24 Stunden später befand sich Guatemala im Lockdown. Während wir in den ersten beiden Wochen noch einen Lockdown light hatten, bei dem lediglich unter anderem der öffentliche Transport und das Herumreisen im Land verboten war, wurde dieser stufenweise einschränkender. Nach einem mehrtägigen völligen Lockdown, bei welchem vom einen auf den anderen Tag das Verlassen des Hauses verboten war – ich meine das wörtlich: die Verkündigung des absoluten Lockdowns wurde Donnerstag abends um 19 Uhr für den kommenden Tag bekannt gegeben – sind wir mittlerweile bei einem Lockdown nur am Wochenende und einer Ausgangssperre von unter der Woche ab 17 Uhr angekommen.
Lockdown in Zentralamerika
Es dauerte nicht lange, bis die restlichen Länder in Zentralamerika ebenfalls ihre Grenzen schlossen und eine Ausgangssperre verhängt wurde. Relativ bald kam ich aufgrund meines Kontakt mit Christoph und Laura, die sich kurz vor den Grenzschließungen in Zentralamerika in El Salvador aufhielten und mit denen ich immer mal wieder in Kontakt war, um sie über die aktuelle Situation in Guatemala zu informieren, in Kontakt mit Steffi und Karsten von Dino Adventure.
Und weil ich im vergangenen Jahr einen Roadtrip durch Mexiko unternommen hatte, das Land als unglaublich schön und vor allem herzlich wahrgenommen habe, gleichzeitig aber nur wenige Informationen über die Situation dort erhalten konnte, interessierte mich die Situation der beiden sehr und ich befragte sie zur ihrer ganz individuellen Situation zu Zeiten des Lockdowns in Zentralamerika.
Stellt euch doch mal kurz vor? Wer seid ihr? Woher kommt ihr?
Wir sind Steffi (26) und Karsten (27) von Dino Adventure und kommen aus Leverkusen. Seit Mai 2019 fahren wir mit unserem Expeditionsmobil „Dino“ durch Nordamerika. Angefangen in Halifax, quer durch Kanada, hoch nach Alaska und nun eigentlich auf unserem entschleunigenden Weg in Richtung Südamerika. Einmal die Panamericana von Nord nach Süd fahren, das zumindest war so unsere grobe Vorstellung dieser Reise. Wie lange wir dabei unterwegs sein würden? Keine Ahnung, ein zeitliches Limit hatten wir uns nicht gesetzt. Wir wollten so lange reisen wie es uns gefällt bzw. so weit wie uns unsere Ersparnisse bringen würden.
Wo seid ihr momentan?
Wir sind auf dem Mexiko Festland im Bundesstaat Puebla. Der genaue Ort heißt: Atlangatepec. Hier stehen wir auf einer autarken Farm direkt am See (2.700 m hoch). Die Farm gehört Sebastian und seiner mexikanischen Frau Monse. Die beiden bauen sich hier grad alles auf und wir wurden herzlich eingeladen, hier zu stehen.
Wie erging es euch in den vergangenen Wochen?
Eigentlich waren wir noch vor ca. 3 ½ Wochen auf der Baja California und wussten nicht so recht, wohin mit uns. Wir standen dort eine Woche auf einer Ranch von einem Kanadier. Jedoch war das leider nicht so das Wahre für uns, wir hatten dort kein Wasser und günstig war es auch nicht gerade. Danach sind wir von Strand zu Strand getingelt und haben uns versteckt hingestellt. Damit uns nicht direkt jeder sehen konnte. Denn eigentlich gilt zurzeit ein absolutes Strandverbot in Mexiko. Gesehen wurden wir trotzdem von diversen Einsatzkräften, Militär via Helikopter und die Küstenwache mit dem Boot, die an uns vorbei fuhren. Nix passierte, vielleicht ein inoffizielles Ok? Naja, zumindest wurden wir geduldet und nicht verjagt.
Während wir an einem traumhaften Strand an der Südspitze der Halbinsel Baja California vor uns her vegetierten und Wale und Rochen beobachteten, die vor uns herzogen, schrieb uns Anfang Mai Sebastian und seine mexikanischen Frau Monse per E-Mail. Die beiden wurden durch unseren YouTube-Kanal auf uns aufmerksam. Sie luden uns ein, die Corona-Zeit auf ihrer autarken Farm auszusitzen. Die Einladung kam wie gerufen. Wir hatten nämlich keine Lust mehr auf die Baja California.
Also machten wir uns langsam auf den Weg aufs Festland mit der Fähre. Wir hatten etwas Bedenken aufs Festland zu verschiffen und die lange Fahrt von über 1.000 km auf uns zunehmen. Wir hörten, dass einzelne Staaten dicht sind und man keine Chance hatte, dort durch zu kommen.
Kurz zusammengefasst: Wir hatten keinerlei Probleme auf dem Festland, wir wurden nicht einmal von der Polizei oder dem Militär angehalten. Einmal wurde unser Truck desinfiziert. Seit 3 ½ Wochen stehen wir hier jetzt auf dem Grundstück von den beiden und sind sehr glücklich, einen sicheren und schönen Platz gefunden zu haben.
Seid ihr in Kontakt mit der Botschaft oder dem Auswärtigen Amt? Gab/Gibt es Unterstützung von der Seite?
Nein, wir hatten nie Kontakt mit der Botschaft oder dem Auswärtigen Amt aufgenommen und haben es auch nie für notwendig empfunden.
Habt ihr nie darüber nachgedacht, vielleicht einen dieser Flüge des Rückholprogramms zu nehmen? Warum (nicht)?
Nein, das kam für uns zu dieser Zeit nicht in Frage. Das Rückholprogramm, meine ich, lief im März und die letzten Flüge gingen Anfang April. Wir saßen im März in La Paz fest, weil wir eine defekte Kadernwelle hatten und auf Ersatzteile aus Deutschland warteten. Zu dieser Zeit war hier in Mexiko von Corona auch noch nicht viel zu spüren. Im Januar hatten wir zum ersten Mal von diesem Virus gehört, in China sorge eine neue Mutation des Covid-19 Virus für Unruhe. Großartig Gedanken gemacht hatten wir uns zu dieser Zeit noch nicht.
Erst als klar wurde, dass dieses Virus keine normale Grippe ist und auch Länder in wärmeren Klimazonen nicht verschont bleiben, fingen wir an uns auszumalen, wie Mexiko wohl reagieren würde und ob auch wir dadurch in Gefahr kommen könnten. Während in Deutschland und Europa die Krise erst so richtig los ging, war in Mexiko die Welt scheinbar noch in Ordnung, also entschieden wir, vorerst zu bleiben.
Gibt es Restriktionen von Seiten der Regierung?
Es gilt Maskenpflicht in Supermärkten und anderen Einkaufsläden. Teilweise darf nur ein Familienmitglied in den Supermarkt. Außerdem gilt Strandverbot in ganz Mexiko. Attraktionen und Sehenswürdigkeiten sind geschlossen.
Wie erlebt ihr die ganze Corona-Situation vor Ort? Habt ihr Kontakt zu Einheimischen? Und wenn ja, wie ist der Umgang mit euch?
Die pandemie-bedingten Maßnahmen, die hier getroffen werden, finden wir unerwartet gut, zumindest das, was wir so mitbekommen haben, wenn wir mal in der Stadt zum Einkaufen waren. Auch die Menschen, Polizei und Militär sind uns gegenüber immer noch sehr freundlich und negative Erfahrungen mit anderen Menschen haben wir bisher zum Glück noch nicht gemacht. Beim Einkaufen werden die Einkaufswagen desinfiziert und man bekommt Desinfektionsmittel für die Hände.
Wie sieht denn aktuell ein Tag bei euch so aus?
Glücklicherweise haben wir trotz Stillstand recht viel zu tun. Wir stehen jeden Morgen gegen 08:30 Uhr auf und frühstücken erst einmal recht lange. Es gibt frisch gebackenes Brot aus dem Lehm-Ofen von Sebastian und Monse, ein Frühstücksei und leckeren Jamaica-Tee. Danach helfen wir den beiden hier auf der Farm. Die beiden sind nämlich noch in der Aufbau-Phase. Zwischendurch werden Videos gedreht und geschnitten für unseren YouTube-Kanal. Abends wird noch lecker gekocht und ein Film geschaut.
Ist euch in den vergangenen Wochen etwas besonders Positives widerfahren?
Die Einladung von Sebastian und Monse war für uns das Beste, was uns hätte passieren können. Wir sind den beiden sehr dankbar für ihre Gastfreundlichkeit. Hier können wir sicher stehen und den beiden mit anpacken bei ihrer Farm. Langweilig wird es hier nie 😊.
Habt ihr eine überaus negative Erfahrung in den vergangenen Wochen gemacht?
Leider ja. Die Fähre mit Baja Ferries von La Paz nach Mazatlán war eine Katastrophe. Schaut man sich die Werbung von Baja Ferries online auf ihrer Webseite oder auch auf Instagram an, sieht man, wie gut sich die Verschiffungs-Firma auf den Corona-Virus vorbereitet und welche Maßnahmen sie ergreifen. Man ist positiv überrascht und fühlt sich gut aufgehoben. Bevor wir auf die Fähre sind, mussten wir durch ein Desinfektions-Zelt laufen und wurden von oben bis unten mit Desinfektionsmittel besprüht.
Auf dem Schiff angekommen traf uns leider der Schlag. Wir wurden quasi in einen kleinen Raum ohne Fenster mit zig anderen Menschen eingesperrt. Einen Aufenthaltsraum mit Kantine gab es nicht. Man konnte sich entweder in dem kleinen Raum aufhalten oder nach draußen gehen. Die Fähre ging 18 Stunden über Nacht. Hierzu könnt ihr gerne unser YouTube-Video anschauen. Das Essen wurde in einem Flur serviert und essen durfte man in einem noch kleineren dunklen Raum. Wir waren einfach nur froh, als wir auf dem Festland angekommen sind. Mit Corona haben wir uns zum Glück nicht angesteckt.
Wie sieht eure weitere Reiseplanung aus?
Wir werden demnächst tatsächlich nach Hause fliegen von Mexico City aus. Unseren Dino dürfen wir hier auf der Farm bei Sebastian und Monse stehen lassen. Es war schon von Anfang an geplant, dass wir im August 2020 nach Hause fliegen für einen Heimaturlaub. Eigentlich war der Heimaturlaub für 2 bis 3 Wochen geplant. Wir haben uns jetzt dazu entschieden, diesen auf unbestimmte Zeit zu verlängern. Wir möchten natürlich so schnell wie möglich wieder nach Mexiko kommen, werden aber erst wiederkommen, wenn man hier halbwegs normal wieder reisen kann und die Grenzen nach Süden hin wieder aufmachen. Für Zuhause haben wir uns ein paar Pläne gemacht, die wir gerne umsetzen möchten. Wer möchte, kann gerne auf unserem YouTube-Kanal vorbeischauen, wo wir auch aktuelle Berichte über Reisende während der Covid-19 Pandemie online haben.
Danke, Manu, dass wir auf deiner Seite ein Interview geben durften.
Möchtest du weitere Informationen über Steffi und Karsten? – Auf ihrer Facebook-Seite und ihrem YouTube-Kanal posten die beiden regelmäßig Bilder und Videos von ihren Abenteuern. Natürlich findest du Dino Adventure auch auf Instagram.
Liebe Steffi, lieber Karsten, ich danke euch sehr für dieses aufschlussreiche Interview! Auch wenn aktuell völlig unklar ist, wann sich die Situation in Zentralamerika verändern wird, wünsche ich euch eine gute und vor allem gesunde Heimreise! Grüßt Deutschland von mir! Ich drücke euch die Daumen, dass ihr bald euren Dino abholen und eure Reise tatsächlich irgendwann fortsetzen könnt!
Sebastian
Juni 22, 2020 @ 8:37 pm
Hallo Zusammen, dies ist ein super toller Bericht!
Danke auch an Karsten und Steffi für die lobende Worte! Wir sind ebenfalls froh euch da zu haben und eure Unterstützung ist pures Gold wert!
Eure Abreise kommt leider schnell näher, um so mehr hoffen wir auf ein baldiges Wiedersehen!
Liebe Grüße Sebi & Monse von EcoMex TV # autarke Farm 🤓🤙🏼