Heimreise nach Deutschland – warum es nicht ganz so fancy ist wie es klingt
Heimreise nach Deutschland – warum das nach 11 Monaten in Guatemala nicht ganz so fancy ist
Elf Monate bin ich nun in Guatemala. Meinen Touristenstatus habe ich bereits seit Monaten verlassen. Ich reise an meinen Wochenenden nicht mehr nur durch das Land oder fahre an den Strand, ich habe Freunde gefunden, die ich hin und wieder besuche, ich habe mir ein soziales Netzwerk aufgebaut. Meine Heimreise nach Deutschland nach elf Monaten fühlt sich für mich aktuell so an, als würde ich in Urlaub fahren.
Ganz falsch ist das natürlich nicht, da ich tatsächlich von Guatemala aus zunächst in die Dominikanische Republik fliegen werde, um dort meine Freundin zu treffen. Von dort werde ich mit meinem Backpack weiter nach Kolumbien reisen – erst dann geht es nach Hause.
Dennoch ist es ein unglaublich seltsames Gefühl, denn ich packe einen Koffer für Zuhause und weiß, dass ich dort nicht lange bleiben, sondern sehr bald nach Guatemala zurückkehren werde.
Von diesem psychischen Aspekt einmal abgesehen möchte ich dir heute erzählen, wie ich mich auf meine Heimreise nach Deutschland vorbereite und dir anhand dieser Beschreibungen verdeutlichen, dass ein Leben im Ausland – so fancy und märchenhaft dies für dich vielleicht klingen mag – alles andere als einfach ist, da du dich immer irgendwie in einem Zustand zwischen zwei Welten befindest, zwischen welchem du beständig hin und her taumelst.
Vorbereitungen auf meine Heimreise – Rechnungen vorab bezahlen
Fast zwei Monate werde ich nicht in Guatemala sein. In Deutschland wäre bei einer zweimonatigen Reise organisatorisch nicht viel zu erledigen, aber in Guatemala ist das anders, denn Internet, Strom und die Miete wollen bezahlt werden.
Den Internetanschluss bezahlst du in Guatemala nämlich direkt beim Provider nach Rechnungseingang. Einen Dauerauftrag gibt es nicht.
Die Stromrechnung befindet sich gegen Ende eines jeden Monats in deinem Briefkasten. Um diese Rechnung zu bezahlen, gehst du dann entweder zu einer Bank oder an die Kasse eines Supermarktes.
Ebenfalls wichtig ist es, dass eine Aufladung der Handy SIM-Karte erfolgt. Lädst du diese nämlich nicht alle 30 Tage auf, wird die Nummer deaktiviert.
Das Problem mit der Miete habe ich Gott sei Dank nicht, weil ich meinem Vermieter meine Monatsmiete auf sein Konto überweise.
Es gibt hier aber genügend Vermieter, die ihre Miete in bar erhalten und die dich zu Beginn eines Monats Zuhause aufsuchen, um sie abzuholen. Nicht verwunderlich also, dass gerade vor den langen Ferien die Quetzales Hoch in Kurs bei uns sind. Da du an einem Geldautomaten ja nur täglich Q2.000 (circa 210 Euro) abheben kannst, kann es da schon einmal zeitlich eng werden, wenn alles getimed werden muss.
Ich habe vor einigen Tagen meiner Bank einen Besuch abgestattet, um meine Bank-App auf Stand zu bringen und Berechtigungen zu haben, sämtliche anstehenden Kosten mit der App zu bezahlen. In der App kann ich nun meine Stromrechnung einsehen und sie direkt vom Konto aus bezahlen und ich kann mein Handy aufladen.
Vorbereitungen auf meine Heimreise – Bestellungen
Wenn du meine Beiträge in der Vergangenheit ein wenig verfolgt hast, dann weißt du sicher, dass es in Guatemala nicht alles gibt. Des Weiteren handelt es sich beim Großteil der Produkte des alltäglichen Lebens um Importware aus den Staaten, die gut und gerne doppelt und dreifach so teuer ist wie in Deutschland. Aufgrund der nicht vorhandenen Post kann ich natürlich auch nicht einfach mal schnell etwas bei Amazon bestellen.
All das mache ich aber jetzt! Wöchentlich trudeln bei meiner Mama gerade die Amazonpäckchen oder Pakete von Unternehmen mit Nahrungsergänzungsmitteln ein. Eiweißriegel (die kosten hier 3 Euro aufwärts), Flavdrops, neues Handy, dry bag, Schulbücher, Speicherkarten für die Kamera, externe Festplatte und ein Objektiv stehen bisher auf der Bestellliste… Da geht noch was! 😉
Vorbereitungen auf meine Heimreise – dem Wasser-Männlein Bescheid geben
Auch meinem Wasserliefer-Männlein muss ich Bescheid geben, dass ich in den nächsten Wochen keine Wasserlieferung benötige. Tue ich das nicht, wird er in den kommenden Wochen vor meiner Tür stehen, kein Geld vorfinden, davon ausgehen, dass ich kein Wasser mehr bestellen möchte und dann habe ich nach meiner Rückkehr das Theater, dass ich dem Lieferanten Bescheid geben muss, dass er wieder liefern soll – was dann natürlich erst einmal nicht funktionieren wird. Ich weiß, wovon ich spreche, ich hatte dasselbe Problem im Juni schon einmal. 😉
Vorbereitungen auf meine Heimreise – Telefonate
Meine monatlichen Telefonate hatte ich in den vergangenen Monat auf zwei pro Monat reduziert. Zurückzuführen war das unter anderem auf die Zeitverschiebung – ich kann nur während eines Zeitfensters zwischen 10 und 14 Uhr nach Deutschland telefonieren, was mir planungstechnisch einen ganzen Tag zerhagelt, da ich vorher nichts machen kann und hinterher nur sehr wenig – und die Tatsache zurückzuführen war, dass ich aufgrund meiner intensiven Arbeitswochen am Wochenende leer geredet oder schlicht und ergreifend unterwegs war.
An den vergangenen Wochenenden habe ich jedes Wochenende mit Zuhause telefoniert. Mit meiner Freundin koordinierte ich unsere Ankunft in der Dominikanischen Republik und die Tatsache, dass sie einen Handgepäckskoffer für mich mit nach Hause nehmen wird. Auf diese Weise kann ich relativ problemlos nicht nur meine Bestellungen von Zuhause mit nach Guatemala nehmen, sondern auch noch ein paar andere Dinge, die sich in meinen Umzugskisten im Keller meiner Oma befinden.
Außerdem koordinierte meine Mama anstehende Arzttermine (Ganzkörper-Check inkl. großem Blutbild und Ultraschall aller Organe, Lungencheck, Frauenarzt), abendliche Tischreservierungen, besorgte vorab eine deutsche SIM-Karte, so dass ich ab Ankunft in Deutschland erreichbar war und und und.
Mein Bruder hatte sich darum gekümmert, dass ich mich während meines Aufenthaltes in Deutschland in seinem Fitnessstudio austoben kann. Auf unser erstes gemeinsames Workout in diesem Jahr freue ich mich schon unglaublich!
Vorbereitungen auf meine Heimreise – Mitbringsel besorgen
Ich weiß, dass meine Familie niemals von mir erwarten würde, für sie Souvenirs zu kaufen. Seit Jahren schenken wir uns auch nichts mehr zu Weihnachten. Der Fokus an Weihnachten liegt einzig und allein auf uns, guten (und teilweise auch völlig bescheuerten – Bratwurst, Bruder!) Gesprächen.
Ab und an werden sogar Gesellschaftsspiele herausgekramt, die wir während unserer Kindheit gespielt und wegen welcher mein Bruder und ich uns dann in die Wolle bekommen haben, der abendliche Familienstreit und miese Stimmung daher vorprogrammiert waren. Streit gibt es heute immer noch – aber natürlich nur im Spaß, allerdings mit denselben dummen Kindersprüchen wie damals, um die Mama zu ärgern.
Dennoch möchte ich meiner Familie zeigen, dass ich an sie gedacht habe und weil ich sehr bald wieder zurück nach Guatemala reisen werde, ihnen etwas hinterlassen.
Vorbereitungen auf meine Heimreise – Abschiede
Und schließlich – das wurde mir aufgrund von „ich ersaufe völlig in den letzten Wochen des Schuljahres in Abitur, Konferenzen, Noteneingaben und noch mehr Konferenzen“ erst zwei Wochen vor meiner tatsächlichen mit einer schallenden emotionalen Ohrfeige bewusst – heißt es: Abschied nehmen.
Für gewöhnlich verabschiede ich mich vor einer längeren Reise von meinen Freunden und meiner Familie. Während meiner ganzen Planungen in den vergangenen Wochen habe ich eines allerdings nicht bedacht, nämlich den Umstand, dass ich mich dieses Mal zwar nicht von meiner Familie und meinen deutschen Freunden verabschieden muss, weil ich ja genau dorthin aufbrechen werde, dass ich jedoch während meiner elf Monate in Guatemala auch ein soziales Netzwerk hier habe, von welchem ich mich durchaus verabschieden muss und auch möchte.
Da sind einerseits guatemaltekischen Kollegen, meine Schüler („Sie kommen aber wieder, oder?“) und meine deutschen Freunde, meine partners in crime und mit denen ich wahrlich viele schöne Abende verbracht habe – sei es beim Ausgehen in Zona 10 (ja, das geht, aber eben überdacht mit Security), bei Grillabenden, beim Thaicooking, beim Fotoshooting auf meinem Balkon bei ausbrechendem Pacaya und kotzendem Fuego, bei open door-Abenden (kommen und gehen, wann und mitbringen, was du willst) und viele otras cosas (andere Dinge).
Kleiner Fun Fact: Aufgrund der Tatsache, dass mir natürlich nach wie vor einen Haufen Vokabeln in meinem Spanisch-Wortschatz fehlen, ist das Wort cosa (Ding) mein Lieblingswort geworden. Brauche ich etwas, dessen Bezeichnung ich nicht kenne, sage ich für gewöhnlich: Necesito una cosa para [Handbewegung]. Ich brauche ein Ding, um… Cosa ist einfach super, absolut vielseitig und neben Fijese que… mein Dauerbrenner.
Da sind andererseits meine guatemaltekischen Freunde: Mauricios unglaublich unkomplizierte, ehrliche und erfrischende Art (ich schicke dir ein Weihnachtsmarkt-Selfie, versprochen! 🙂 ), Gabis liebevoller Umgang und ihre Herzlichkeit und Georginas aufmunternde, motivierende und ironische Art, wenn sie mich mal wieder „my coordinator“ nennt, anstatt mich beim Namen zu rufen 😉 , werde ich sehr vermissen.
Mein letzter Besuch bei Mariel war ein sehr emotionaler Tag. Emotional deswegen weil ich sah, dass sie gesundheitlich nach wie vor in den Seilen hing. Emotional aber auch deswegen weil ich bei diesem Besuch auch Carlos traf und ich ihn das erste Mal seit Monaten herzlich gesehen hatte.
Als ich nach meinem Besuch bei Mariel zum Christmas Shopping nach Antigua aufbrach, im Bella Vista Coffee in absolute need of coffee war, traf ich völlig überraschend die Besitzer Eloisa und Ronny an. Die Begrüßung war mehr als herzlich, wir sprachen über zig Dinge und schmiedeten Pläne für weitere Hilfsprojekte. It is a pity that you are leaving right now. Ein weiterer Abschied. Ein weiterer Abschied, der mir an diesem Tag nicht leicht fiel…
Vorbereitungen auf meine Heimreise – abschließende Gedanken
Mir ist allzu bewusst, dass ich ein Leben zwischen zwei Welten führe, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Auch wenn mir diese beiden Welten immer wieder emotional Schwierigkeiten bereiten – ich kann meine Mama nicht mehr spontan sonntags zum Kaffee besuchen oder sie bei einer Zeitverschiebung von sieben bzw. acht Stunden einfach mal schnell anrufen, wenn mir etwas auf der Seele brennt, ich kann nicht jedes Wochenende mit jedem aus meiner Familie und alle meinen Freunden telefonieren, ich brauche manchmal mehrere Tage, um auf Sprachnachrichten adäquat zu reagieren –, so bin ich dankbar dafür, dass ich mich in beiden aufgehoben fühle, Verständnis erhalte und einen Rückhalt habe.
Denn einzig darum geht es doch im Leben: Um eine liebevolle, verständnisvolle und harmonische Familie und loyale und vor allem verlässliche Freunde in allen Lebenslagen…
Rubbosso
Dezember 22, 2018 @ 11:07 pm
Exacto, preciso: Amigos leales y confiables, no superficiales y aprovechados o que estiman más los mandamientos de hombres o instituciones y la aprobación de aquellos, olvidando al mismo tiempo que la ley más alta es la ley del amor genuino.
Qué interesante — en mi círculo de amigos tampoco existen regalos de Navidad. Además son los mejores regalos aquellos que los recibes completamente inesperados y sin obligación.
Las fotos nos enseñan una interesante parte del mundo — desconocida y a veces quizás un poco extraña. ¡Muchas gracias!
Sin embargo, aquí una pequeña sugerencia: Usa tu trípode para las fotos con menguante luz o nocturnas; todas están un poco borrosas (»verwackelt*«)…
_________________________
* Sí, el autor de este comentario es hispano-alemán (alemán nacido en Castilla).
Manu
Dezember 23, 2018 @ 7:43 am
Muy muy correcto!
Por cierto, uso un tripode, pero la calidad de las fotos es limitada a veces por el blog. Entonces en este caso elegi una foto falso de la pacaya. Hay mejores!
Mama
Dezember 23, 2018 @ 10:45 am
Schön dass Du wieder heimgekommen bist wenn auch nur zu Besuch
Manu
Dezember 23, 2018 @ 1:31 pm
:-* :-*