Was krakeelt denn bitte hier rum?- Mein Ausflug zum Orakel von Delphi
Mein zweiter Morgen in Athen begann erneut sehr früh (du erinnerst dich, die senile Bettflucht hatte bereits am Tag zuvor zugeschlagen, so dass ich deutlich früher als geplant zur Akropolis aufbrechen konnte), denn meine Fahrt nach Delphi stand an. Zwei Stunden sollte sie dauern. Der Großteil war hierbei über die Autobahn möglich, danach schlängelt sich der Weg auf Serpentinen durch die Berge. Wie schade, dass ich einen Toyota hatte – mit meinem Auto wäre hier absoluter Fahrspaß garantiert.
Circa 15 Kilometer von Delphi entfernt liegt das Dorf Arachova. Es war beim Durchfahren so wundervoll anzusehen, dass ich am liebsten sofort einen Zwischenstopp für einen Kaffee und ein Frühstück (dieses war erneut mangels Zeit ausgefallen – da ich mir aber extra deswegen am Tag zuvor eine Portion Obst auf dem Markt gekauft hatte, war das halb so wild) eingelegt hätte und durch die Straßen spaziert wäre. Aber, du weißt, auch wenn ich ganz gut in der Zeit lag, galt es, auf den verbleibenden Kilometern noch ein paar Touristen-Busse wegzumachen. Arachova musste warten.
Delphi
Delphi war in der Antike das Zentrum schlechthin. Der Legende nach soll Zeus zwei Adler von jeweils einem Ende der Welt aufsteigen gelassen haben, die dann in Delphi wieder aufeinandertrafen. Außerdem habe er einen Stein („The Navel“) vom Himmel fallen lassen und damit das Zentrum der Welt zu entdecken. Mit dem Stein und den Flugtierchen wurde Delphi damit nicht nur im übertragenen Sinn zum „Nabel“ der Welt.
Als Medium des Orakels diente Pythia. Sie war nicht nur die einzige Frau, die den Apollon-Tempel betreten durfte, sondern wahrscheinlich auch die allererste überlieferte Drogenabhängige, denn wahrscheinlich war es so, dass sie die ethylenhaltigen Gase, die dort aus einer Erdspalte austraten, einatmete, sich dadurch dermaßen heftig in einen Trance-Zustand versetzte, Stimmen hörte und dann wirres Zeug von sich gab, das keiner so wirklich richtig verstand.
Dennoch hatte das Orakel einen riesigen Einfluss im gesamten damaligen Griechenland und wurde vor allen wichtigen Unternehmungen (explizit: Kriegen) befragt. Beispielsweise befragte König Krösus (das erklärt jetzt einiges!) das Orakel bevor er in den Krieg gegen den Perserkönig zog. Angetrieben war er durch den Spruch des Orakels, das ihm prophezeite, dass er ein großes Reich zerstören würde. Dass damit sein eigenes Reich hätte gemeint sein können, dämmerte ihm etwas spät. Zu spät.
Ein bisschen fit solltest du sein, wenn du relativ problemlos und fix den Berg hoch kommen möchtest, denn es sind insgesamt 300 Höhenmeter zu nehmen, abwechselnd Kiesweg und Treppen. Bei den 28 Grad, die es dort bereits am Morgen hatte, nicht unbedingt ein Kinderspiel. Aber meinen Flip Flops sei Dank – sie brachten mich brav nach oben.
Neben der Heiligen Straße, diversen Schatzhäusern und des Tempels der Athena sind natürlich der Tempel des Apollo, das Stadion und das Theater von zentraler Bedeutung.
Tempel des Apollo
Ihm ist das ganze Areal eigentlich gewidmet. Er soll hier dem Mythos zufolge die Schlange Python getötet haben. Nachdem du die ersten Höhenmeter hinaufgestiegen bist, ist der Tempel des Apollo das erste Heiligtum, das du auf dem Areal findest. Mit seinen riesigen Säulen kannst du den Tempel auch kaum verfehlen.
Theater
Der Pfad führt dich nun ein Stückchen weiter hoch. Auch dieses kannst du kaum verpassen. So groß wie das Dionysos Theater ist dieses Theater natürlich nicht, aber es soll immerhin angeblich 5.000 Personen fassen können.
In der Vergangenheit fand hier unter anderem der musische Teil der Pythischen Spiele statt. In der Gegenwart sitzt da ab und an mal eine Blondine.
Stadion
In der Vergangenheit fand hier der sportliche Teil der Pythischen Spiele statt: Läufe, Wagen- und Reiterrennen. In der Gegenwart kannst du hier lustiges Touri-Schubsen spielen, denn hier ballt sich alles, was es nach oben auf den Hügel geschafft hat.
Das Stadion liegt am Ende des Areals – weiter hoch geht es tatsächlich nicht. Um zum Ausgang zu gelangen, bleibt dir nichts anderes übrig, als genau den Weg wieder zurückzulegen, den du bereits hergekommen bist. Genauso slalomartig.
So, und jetzt mal Butter bei die Fische.
Lohnt sich das?
Lass‘ mich zunächst einmal zu den hard facts kommen:
-Zwei Stunden einfache Fahrt von Athen aus,
-7,50 Euro Mautgebühr für die Autobahn (einfacher Weg),
-ein Viertel verfahrener Tank (ebenfalls einfach gerechnet; der Sprit kostet in Griechenland übrigens nahezu genauso viel wie in Deutschland),
-12 Euro Eintritt (es macht es nicht besser, dass der Eintritt in das Museum inkludiert ist – dieses kann nämlich gar nichts, aber, shame on me, ich bin auch alles andere als ein Museums-Mensch),
-Dauer meines Aufenthaltes: 10:10 Uhr bis 11:22 Uhr (und zwar wirklich von Autotür auf und bis wieder ins Auto rein) – vergiss‘ bitte nicht, dass in dieser Zeitspanne auch eine Pinkelpause, der fast ein Kilometer lange Weg vom Eingang des Areals zum Ticket Office und der Ticket-Kauf enthalten ist. Inklusive so to say.
Die meiste Zeit vor Ort ging eigentlich dafür drauf, sich in Geduld zu üben, um tourifreie Bilder machen zu können, denn grob geschätzt wäre ich ohne Pausen wahrscheinlich in weniger als zwanzig Minuten oben (wahrscheinlich auch wieder unten) gewesen. Enttäuschend dann auch das abrupte Ende: Nach dem Stadion kam einfach nichts mehr. Zugegeben, vielleicht selbst schuld, ich hatte im Vorhinein keine Zeit gefunden, mich über die Heiligtümer einzulesen und darüber zu informieren, was mich dort tatsächlich erwartet.
Du willst also wissen, ob sich das lohnt? – Wenn du zufälligerweise sowieso da oben in der Ecke bist, fahr‘ dran vorbei und nimm‘ es mit. Hättest du eine längere Anreise, lass‘ es bleiben, denn im Prinzip findest du nichts – mir graut schon vor dem Zorn des Göttervaters ob meiner folgenden Worte! – als ein paar uralte Steine, die da halt wie in allen anderen Tempeln auch einfach ein bisschen rumliegen. Steine halt. Du findest Tempel, ein Theater und ein Stadion. Wenn du wissen möchtest, wie so etwas aussieht, naja, das findest du auch alles in der Agora in Athen. Schau’s dir einfach dort an.
Gut, der Ausblick ist echt toll. Aber einen tollen Ausblick bekommst du auch vom Pnyx-Hügel aus oder wenn du in die Schweiz fährst oder oder oder.
Naja, immerhin: Been there, done that!
Zurück also zur eingangs gestellten Frage: Was krakeelt denn bitte hier rum?
Nein, es ist widererwartend nicht das Orakel. Es sind die Neckermanns. Denn abgesehen von den zig guides, denen du hier begegnest, ist der Weg nach oben zum Stadion gesäumt von Neckermanns. Die Steine am Wegesrand nutzen sie gerne als Sitzplätze und die Bäume, die den Pfad entlang stehen, als Schattenspender. Sei‘ vorbereitet, dass dein Weg durch die Hitze nicht nur steil, sondern auch slalomartig verlaufen wird.
Da ich gut – verdammt gut! – in der Zeit lag, beschloss ich schließlich, nach einem Zwischenstopp in Arachova an das Meer zu fahren. Kap Sounion und herzallerliebster Poseidon mit deinem ehrfurchtseinflößenden Dreizack, ich komme! Von dieser durchaus heißen Begegnung erzähle ich dir am Dienstagabend – ich verarbeite noch. 😉
Athen: Akropolis – Athen: Sightseeing in der Stadt – Delphi – Kap Sounion & der Poseidontempel