Besuch von Belize City – alles nur (böse) Vorurteile?
Besuch von Belize City – Gedanken
Viele Touristen, die Belize besuchen, betrachten Belize City als Durchgangsstation. Sie fliegen den Philip Goldson International Airport (BZE) an und nehmen sofort einen Weiterflug, ein Wassertaxi oder einen Bus zu anderen Zielen.
Früher, im 17. Jahrhundert, wurde Belize City als Holzlager für den Export von Mahagoni nach Europa gegründet. Später errichteten britische Piraten hier einen Stützpunkt, von dem aus sie spanische Schiffe ausplünderten.
Als Belize eine britische Kolonie wurde, war Belize City das Zentrum der Regierung. Als jedoch 1981 die Unabhängigkeit erklärt wurde, wurde die Hauptstadt nach Belmopan verlegt. Dennoch ist Belize City nach wie vor das wirtschaftliche Zentrum des Landes.
Heute ist Belize City die größte Stadt in Belize.
Und wenn du dich auf Foren informierst oder Beiträge liest, die sich mit der Frage beschäftigen, ob sich ein Besuch von Belize City lohnt, dann findest du wahnsinnig schnell die Antwort: Raus da, so schnell wie möglich!
Die Gründe, die gegen einen Besuch von Belize City sprechen, sind dabei verschieden. Die einen sprechen davon, dass es dort so unsicher. Andere sind der Meinung, dass die Stadt hässlich sei. Und wieder andere geben an, dass es dort sowieso nichts zu sehen gäbe.
Die Kriminalität in Lateinamerika allgemein
Zugegeben, Kriminalität und Gewalt in Belize sind dafür verantwortlich, dass die Stadt einen solch schlechten Ruf hat. Aber das gilt für ganz Lateinamerika.
Reisende sind von solch einem Ruf meist überhaupt nicht betroffen, denn die Fälle von kriminellen Aktivitäten betreffen meist die Banden. Von Touristen lassen diese nämlich für gewöhnlich die Finger. Einerseits weil das für Aufsehen und im weiteren Verlauf für Probleme sorgt, andererseits weil durch den Tourismus das Land unterstützt wird – und die Banden davon auch etwas haben.
US-Reisewarnung für einen Besuch von Belize City
Das US-Außenministerium hat eine Reisewarnung der Stufe 3 für diejenigen ausgesprochen, die eine Reise in das Land planen, und rät dazu, eine Reise aufgrund der Kriminalität und verschiedener Tropenkrankheiten, die im Land vorkommen, zu überdenken. Mit der Covid-Pandemie hat die USA die Reisewarnung von Stufe 3 auf Stufe 4 erhöht.
Mit nun fast vier Jahren Leben und Arbeiten in der Hauptstadt von Guatemala, die der allgemeinen Meinung Reisender zufolge ebenso alle diese Vorurteile – unsicher, hässlich, keine Hotspots – bedient, wollte ich mir selbst ein Bild von Belize City machen.
Mein Besuch von Belize City
Als ich die lange zweispurige Landstraße nach Belize City entlangfahre, stelle ich direkt fest: Ja, Belize City ist nach wie vor Handelszentrum und steht im wirtschaftlichen Fokus. Hier gibt es alles – von Auto-Verleihfirmen, Banken, Möbelgeschäfte, Geschäfte für Schiffsbedarf, Haushaltswarengeschäfte, Kfz-Ersatzteilgeschäfte, Autohäuser, mehr Auto-Verleihfirmen, Reifengeschäfte, Baumärkte und nochmal Auto-Verleihfirmen.
Und ziemlich schnell bemerke ich: Das ist alles wirklich extrem hässlich! Aber eben auch ein Industriegebiet. Die sind für gewöhnlich ja nicht unbedingt schön, sondern nicht ganz grundlos ein Industriegebiet.
Wenngleich sich das Straßenbild sehr bald ändert und die Industrie von Wohnhäusern abgelöst wird, bleibt der Anblick (leider) hässlich. Das ändert sich auch nicht, als ich schließlich an der Küste ankomme und kurz vor dem Pier, an welchem die Boote nach San Pedro und Caye Caulker ablegen, mein Auto abstelle. Mir ist nach Kaffee. Mal sehen, was die Stadt diesbezüglich zu bieten hat.
Witzig, dass ich zu diesem Zeitpunkt tatsächlich davon ausgehe, einen Positiv-Beitrag über meinen Besuch von Belize City zu schreiben. Denn ich hatte es auf der Herfahrt tatsächlich geschafft, mehrere nett aussehende Cafés auf Google Maps zu finden und diese zu taggen.
Leider wird aus dem ersten Café nichts, da dort gerade Umbauarbeiten stattfinden. Etwas unschlüssig stapfe ich daher durch das Bootsterminal, in der Hoffnung, dort ein Café zu finden. Nicht so leicht, denn ich muss mich erst einmal durch das Testosteron schlagen, das am Eingang des Terminals steht und versucht, Fährtickets zu verkaufen. Ich wimmle sie ab, nicht jedoch ohne ein „Sweetie, I will see you later“ zu ernten. Ich rolle die Augen. Ach, ich liebe die dezenten Guatemalteken, von denen ich beim Spazierengehen allerhöchstens Hupen ernte, aber von denen sich keiner wirklich traut, mich direkt anzusprechen oder mich vielleicht sogar anzugraben.
Ich werde schließlich im Terminal fündig, kaufe einen kleinen, für 5 USD völlig überteuerten und, wie sich in ein paar Minuten herausstellen wird, übelschmeckenden Cappuccino, bei dem auch die Milch nichts mehr retten kann.
Während ich an einem bewachten Parkplatz vorbeilaufe, fällt mir plötzlich mein Auto ein, das etwa einen Kilometer entfernt von mir am Straßenrand parkt. Ich liebe mein Auto, denn es hat so ein herrlich unauffälliges Aussehen, ist so alt, verrammt und aktuell auch so verdammt dreckig, dass bisher niemand jemals versucht hat, ihm etwas anzutun. Es ist ein perfektes low-profile-Gefährt. Wenn ich aus diesem Auto aussteige, glaubt keiner daran, dass ich auch nur einen Cent Geld besitze. Wenn ich dann auch noch in abgeranzten Sportklamotten und Flip Flops oder ausgetretenen Trekkingschuhen aus diesem Auto steige, ist das Bild perfekt.
Daher habe ich mir in der Vergangenheit, egal, in welchem Land in Zentralamerika ich mit meinem Auto war, nie Gedanken über einen Parkplatz gemacht. Das Auto wird auf der Straße geparkt und gut – so die Devise. Dem tut keiner was. Das will schlichtweg niemand.
Heute aber ist mein Gefühl ein anderes. Ich fühle Unruhe in mir aufkommen. Warum, frage ich mich? Ich weiß es nicht. Ich blicke mich um. Ich spüre, dass ich gesehen werde. Und auch doch wieder nicht. Das ist gut. Ich blicke die Straße entlang. Hier ist alles verrammelt und geschlossen. Es ist Montagnachmittag. An einem Tag wie diesem wäre in Guatemala Stadt die (Verkehrs-)Hölle los. Ich wische mir über mein Gesicht. Schweiß im Gesicht zu Covid-Zeiten. Ganz großes Kino. Es hat über 30 Grad. Ich nippe an meinem Cappuccino – und werfe ihn dann in die völlig überfüllte Mülltonne neben mir. Das Gefühl der Unruhe bleibt. Am Kaffee liegt es also nicht. Der ist Geschichte.
Ich gebe dem Gefühl schließlich nach, laufe zurück zu meinem Auto – vorbei am bewachten Parkplatz, vorbei am Testosteron vor dem Bootsterminal. Meinem Auto geht es gut. Warum auch nicht?! Was hatte ich erwartet? Aufgeschlitzte Reifen? Einen geklauten Spiegel oder einen abmontierten Auspuff? Bitte! Das ist Zentralamerika, nicht der Krieg!
Ich steige ein, schließe meine Autotür hinter mir, verriegle die Türen. Das habe ich seit Monaten nicht mehr gemacht. Was ist nur los mit mir? Trotz der Tatsache, dass ich in Guatemala nun mehrere kleiner Zwischenfälle auf der Straße erlebt habe, habe ich nie ein solches Gefühl von Unruhe.
Ich checke Google Maps. Le Petit Café. 500 Meter entfernt. Das klingt gut. Der Kaffee sieht auch gut aus. Schlechter als den, den ich gerade entsorgt habe, kann er nicht schmecken.
Und weil ich die Zufahrtsstraße zum Café auch beim zweiten Anlauf nicht finden kann und mich Google Maps im Kreis schickt, entschließe ich mich dazu, entgegen der Einbahnstraße zu fahren.
Skrupel habe ich bei so etwas schon lange nicht mehr. Mit dem Roller fahre ich manchmal in der Hauptstadt auf dem Hilfsstreifen entgegen der Fahrtrichtung, um Umwege zu vermeiden.
Der Sicherheitsmann, auf den ich mehr oder weniger direkt zusteuere, winkt mir ruhig zu. Das Sicherheitsmännlein des Supermarkt-Parkplatzes in Guatemala wäre hektisch auf die Straße gesprungen und hätte unter Einsatz seines Lebens und vor allem mit seinem ganzen Körpereinsatz versucht, mich davon abzuhalten, in die falsche Richtung zu fahren.
Ich fahre an ihn vorbei, realisiere, dass ich auch am Café vorbeigefahren bin, halte an, drehe um. Wenden in drei Zügen. Der Sicherheitsmann beobachtet mich. Ich fahre an ihn heran, lasse das Fenster herunter. You got lost, right?! – Yes, indeed! – How can I help you? – I need coffee. Google Maps indicates that there is supposed to be a café here. – It is just around the corner here, mam. Er lächelt, zeigt auf die andere Straßenseite und gibt mir zu verstehen, dass ich dort parken kann.
Es ist der Sicherheitsmann des Radisson Hotels. Und das Café ist ein kleines an das Hotel angegliederte Café. Das übrigens total guten Kaffee und mega leckere Zimtschnecken hat…
Abschließende Gedanken zu meinem Besuch von Belize City
Ganz ehrlich, ich weiß bis heute nicht, was an diesem Tag mit mir los war. Es gab weder äußerliche Anzeichen von Unsicherheit, noch befanden sich zwielichtige Menschen auf der Straße oder ist meinem Auto etwas passiert.
Abgesehen von dem Zwischenstopp im Le Petit Café habe ich mich in Belize City nicht sonderlich wohl gefühlt. Das kann einerseits damit zusammenhängen, dass ich die Stadt wirklich als hässlich empfand. Das kann aber andererseits auch darauf zurückzuführen sein, dass ich so viel Negatives über die Stadt gelesen hatte und es mir offensichtlich nicht gelungen ist, eine neutrale Haltung zu bewahren.
Fakt ist aber, dass es augenscheinlich nichts gab, von dem eine offensichtliche Gefahr ausgegangen wäre. Die Einschätzung, dass Belize City unsicher ist, kann ich daher nicht ohne Weiteres teilen. Durchaus unterschreiben kann ich die Aussage, dass Belize City hässlich sei, denn ich habe kaum eine Stadt besucht, die ich als hässlicher empfunden hätte.
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Blogbeiträge über Belize
Wissenswertes:
Mayaruinen in Belize (Übersicht) – Wissenswertes über Belize vor einer Reise – Was kostet Belize – Autofahren in Belize –
Grenzübergang von Guatemala nach Belize (Benque Viejo, Einreise, Gold Standard, Covid) – Grenzübergang von Mexiko nach Belize (Santa Elena/Chetumal)
Mayaruinen in Belize:
Mayaruinen in Belize (Übersicht) – Mayaruine Caracol – Mayaruine El Pilar – Mayaruine Lamanai – Mayaruine Xunantunich
Reisestationen:
Belize Stadt – Cayo District – Caye Caulker – Hopkins vs. Placencia – San Ignacio und Umgebung