Getting in touch with Nicaragua: Interview mit einer Nicaraguanerin
Getting in touch: Interview mit einer Nicaraguanerin
Dass Nicaragua im vergangenen Jahr Probleme hatte, ist sicherlich kein Geheimnis. Wenngleich ich weit weg von Deutschland bin, so bin ich davon überzeugt, dass es doch wenigstens ein paar Meldungen in die deutschen Medien geschafft haben.
Dass die Situation in Nicaragua heftige Auswirkungen auf die Wirtschaft, vor allem den Tourismuszweig hatte, ist daher sicherlich völlig nachvollziehbar. Angst, Unsicherheit und ein großes Gefühl von Ungewissheit herrscht unter den Touristen, so dass sie um das Land reisetechnisch einen großen Bogen machen.
Auch ich habe lange überlegt, ob ich diese Reise in solch politisch ungewissen Zeiten bereisen soll und habe mich für meinen Aufenthalt in Nicaragua dazu entschieden, um die Hauptstadt einen großen Bogen zu machen und mich stattdessen „nur“ auf Ometepe aufzuhalten.
Aber auch Ometepe ist gebeutelt vom Tourismus. Dennoch komme ich den Einheimischen hier ganz nahe, kann viel mit ihnen sprechen und sie erzählen mir ganz viel über die Situation im Land und auf der Insel.
Heute möchte ich dir von einem Gespräch mit einer Nicaraguanerin erzählen. Es ist kein offizielles Interview mit einer Nicaraguanerin, das ich geführt habe, sie weiß aber, dass ich über meine Reisen blogge und aus Gründen der Sicherheit – du weißt ja nie, wer wirklich mitliest – werde ich den Namen der Frau auch nicht nennen.
#1 Wie lange bist du schon hier?
Mein ganzes Leben – ich bin hier aufgewachsen. Hier ist meine Familie.
#2 Hast du Kinder?
Mein Sohn geht in Managua auf die Universität. Er hat theoretisch noch ein Jahr Studium vor sich. Wie es dann weitergeht, ist ungewiss. Es ist auch unklar, ob er nicht vielleicht noch länger als ein Jahr braucht. Das letzte Jahr hat dazu geführt, dass es Verzögerungen gab.
#3 Wie kommst du hier klar?
Naja, ich habe mein Restaurant. Aber es kommen nur wenige Gäste. Letzte Woche waren überhaupt keine Touristen auf der Insel. Nicht einmal Leute aus Nicaragua. Diese Woche ist das ein bisschen besser. Es ist Semana Santa und es sind mehr Touristen hier. Im Moment arbeite ich eigentlich nur, um meine Kosten zu decken. Mit meinen Einnahmen im Moment kann ich meine Ausgaben und meine Stromrechnung bezahlen. Übrig bleibt nichts.
#4 Woher kommen die Touristen?
Viele sind aus Nicaragua. Sie konnten nun fast über ein Jahr nicht richtig reisen. Nun beginnen sie wieder damit. Andere sind aus Costa Rica.
#5 Gibt es Touristen aus Europa oder aus den Staaten?
Europäer habe ich hier lange keine gesehen. Es gibt einige aus den Staaten. Viele von ihnen sind junge Leute, die zum Volunteering hier her kommen.
#6 Hast du eine Idee, wie das mit dem Volunteering hier abläuft?
Sie arbeiten circa 3 Stunden pro Tag entweder in einem Café oder auf einer Farm oder Finca. Einige von ihnen sind auch in der Schokoladenfabrik. Sie erhalten eine kostenlose Übernachtungsmöglichkeit dort, bekommen aber kein Geld für die Arbeit, die sie dort machen.
#7 Würdest du Volunteering unterstützen?
Bedingt. Ich finde es gut, dass sie hier sind. Sie sehen, dass es hier sicher ist. Aber die Menschen, die hier leben, haben kaum Einkünfte. Die Orte, an denen sie Volunteering machen, könnten ebenfalls Arbeitsplätze für Leute auf der Insel schaffen. Das wäre gut für die Insel. Wenn sie sie beispielsweise in Permakultur unterrichten, dann ist das für die Zukunft.
Die Leute, die Volunteering machen, sind nach ein paar Wochen wieder weg, nehmen das Wissen mit und unsere Insel hat nichts davon. Dann kommen neue Volunteers, die eingelernt werden und nach ein paar Wochen wieder gehen. Es wäre besser, die Leute hier auszubilden und ihnen einen Arbeitsplatz zu geben. Durch das Volunteering haben die Arbeitsgeber aber natürlich keine Ausgaben.
#8 Was verdienen die Leute hier denn?
1 USD pro Stunde.
#9 Glaubst du, dass sich die Situation verändern wird?
Ich hoffe es. Wir brauchen eine Veränderung. Aber es wird noch eine Weile dauern.
#10 Was denkst du, wie lange es dauern wird?
Ich hoffe natürlich, dass es nur noch ein Jahr dauern wird. Aber es wird sicherlich noch mindestens 2 oder 3 Jahre dauern, bis der Tourismus wieder besser wird. Wir sind wirklich am Boden. Wir haben im Ausland fast einen Ruf wie Venezuela. Es ist schwierig, diesen Ruf zu verändern. In 2 Jahren sind Wahlen. Wir hoffen auf eine Veränderung in der Politik.
#11 Alle sprechen hier vom 19. April – was ist da?
Der 19. April ist nicht nur der höchste christliche Feiertag. Hier jährt sich auch die Situation hier. Außerdem wurde angekündigt, dass die Demonstranten frei gelassen werden. Wir wissen nicht, ob das wirklich passieren wird.
#12 Stichwort Demonstrationen
Böse Zungen behaupten, die Demonstranten, die damals gewalttätig geworden seien und für die heftigen Eskalationen gesorgt haben, seien von der US-amerikanischen Regierung gekauft worden. Was meinst du?
Tja, darüber gibt es natürlich keine Gewissheit. Es ist möglich. Wenn es Unruhen in einem Land gibt, kannst du politischen Druck auf dieses Land ausüben. Wir haben hier vor Ometepe Öl, nach dem nicht gebohrt wird, weil kaum jemand davon weiß. Wir haben gute Verbindungen zu Russland und China. Kanada hat gerade angekündigt, die Subventionen für das Land einzustellen. Ich weiß auch nicht, was das alles bedeutet.
Ich lache. Ja, in Guatemala sind auch die Taiwanesen und Israel. Und die Staaten haben sämtliche Subventionen gekappt. Verstehe das einer.
Der kleine Mensch kann das nicht verstehen. Wir können nur warten und hoffen. Wir werden uns nicht unterkriegen lassen. Wir sind ein sehr geduldiges Volk.
#13 Würdest du Nicaragua oder speziell Ometepe als sicher bezeichnen?
Naja, nicht unsicherer als ein anderes Land hier. Die Menschen sind arm. Wenn sich also die Gelegenheit für schnelles Geld bietet, dann werden sie sie ergreifen. Gerade in der Semana Santa, wo jeder Geld braucht. Wenn du also hier her kommst, musst du auf deine Wertsachen aufpassen. Vor allem ein Handy lässt sich schnell zu Geld machen.
Aber die Leute hier sind nicht böse oder gewalttätig. Sie müssen ihre Familie ernähren oder sie wollen Drogen konsumieren, um diesem Alptraum zu entfliehen. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass du hier mit einer Pistole angegriffen oder überfallen wirst. Es geht eher um Diebstähle, die du nicht mitbekommen wirst.
#14 Was rätst du Menschen, die hier her kommen?
Pass‘ auf deine Sachen auf, nimm‘ nichts mit auf die Straße, das du nicht brauchst, verstecke deine Wertsachen in deiner Unterkunft und lass sie nicht einfach offen herumliegen, lauf‘ einfach mit zwei offenen Augen durch das Land. Ansonsten: Erfreue dich an dem Land. Die Menschen werden sich über dich freuen. Sie werden dir helfen, um deinen Aufenthalt zu einem besonderen Erlebnis zu machen. Ometepe ist schon ein Paradies. Es ist ein Traum.
Möchtest du weitere Informationen über meinen Aufenthalt auf Ometepe? Hast du vielleicht auch Lust, Granada, Masaya oder Managua einen Besuch abzustatten? Oder bist du interessiert, wie mein ganz persönliches Nica-Fazit ausfällt? Während meines Aufenthaltes auf Ometepe war ich auch immer darauf bedacht, mit Einheimischen in Kontakt zu kommen und möglichst viel mit ihnen zu sprechen (hier geht’s zum Interview mit einer Nicaraguanerin). Mein ganz persönliches Highlight war hierbei der Besuch von Rosas Familie in Trapiche.
Neben all den Infos, die ich dir auf dieser Seite über meine Reise nach Ometepe geben möchte, findest du hier auch einen Blogbeitrag über Dinge, die du in Ometepe unbedingt unternehmen solltest und Wissenswertes und Reisetipps für deinen Aufenthalt auf Ometepe. Überdies habe ich während meines Aufenthaltes auf Ometepe in meinen Insta-Stories danach gefragt, was meine Leser gerne über Ometepe wissen möchten.