Volcano Relief mithilfe meiner Schule: Spendenaktion für Hunapu-18
Volcano Relief mithilfe meiner Schule: Unsere Spendenaktion für Hunapu-18 – das Dorf
Am 03.06.2018 brach der Vulkan Fuego in Guatemala aus. Im Unterschied zu vergangenen Ausbrüchen Fuegos hatte dieser Ausbruch eine weitaus größere Heftigkeit und ein weitaus höheres Zerstörungspotenzial. Letzteres ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Fuego keine normale Lava ausspuckt, wie dies beispielsweise der Vulkan Pacaya tut, sondern pyroklastische Lava.
Während das Dorf San Miguel Los Lotes bei Pompeji 2.0 völlig zerstört wurde, verloren die Menschen in Hunapu-18 ihre Lebensgrundlage. Über Wochen hinweg war Hunapu-18 eines der 30 offiziellen Shelters, die von World Central Kitchen versorgt wurden.
Nachdem die Regierung jedoch im August die Versorgung von 15 Shelters übernehmen wollte, World Central Kitchen ihre Arbeit einstellen mussten und sich um die inoffiziellen Shelters kümmerten, war Hunapu-18 wortwörtlich vom einen auf den anderen Tag auf sich alleine gestellt.
Zusammen mit Ronny und Eloisa und Eloisas Schwester, die mit der Organisation Quesada Solidaria zusammenarbeiten, und Amy Farrow, die über Wochen hinweg zusammen mit Antigua al Rescate in Ground Zero die menschlichen Überreste ausgegraben hatte, hatte ich Hunapu-18 bereits in der Vergangenheit im Rahmen von medical pop ups besucht.
Rossi Moran, die in Hunapu-18 lebt und sozusagen verantwortlich für die Kommunikation im Dorf ist, kannte ich noch von unserem letzten Besuch…
Spendenaktion für Hunapu-18 – die Vorbereitungen
Drei Wochen sind es noch bis zum Schuljahresende. Wir befinden uns mitten im mündlichen Abitur, in Abiturvor- und –nachkonferenzen und dem Notenschluss. Über 80 mündliche Abitur-Prüfungen müssen geplant und an zweieinhalb Tagen abgenommen, sämtliche Noten eingetragen und besprochen werden und die Projekttage stehen an. Mir kreiselt der Kopf.
Keine Woche ist es her, dass mich der Schülerrat (die Klassensprecher und deren Stellvertreter aus allen Jahrgangsstufen) meiner Schule zur Vertrauenslehrerin gewählt hat. Und noch vor dem Schuljahresende möchten wir ein Hilfsprojekt für Hunapu organisieren und durchführen.
Das Ziel: Eine Spendenaktion für Hunapu während der Projekttage an unserer Schule.
Die verfügbare Zeit für die Organisation: Sechs Schultage, die voll in den Abiturzeitraum fallen, und ein Wochenende.
Strukturiertes Arbeiten, disziplinierte Organisation, höchste Effektivität und vor allem Teamwork waren nun gefragt. Anders – das war uns allzu bewusst – würde es nicht funktionieren.
Nachdem ich mit Rossi Moran aus Hunapu gesprochen hatte, mir eine Liste an Notwendigkeiten vorlag, machte ich mich an die Arbeit im Hintergrund:
Genehmigungen müssen eingeholt werden. Zunächst die der Schulleitung über die anstehende Aktion, denn erst wenn wir von der Schulleitung (die ja gerade auch voll im Abitur hängt!) das offizielle Go erhalten, können wir unsere Arbeit fortsetzen und an die (Eltern-)Öffentlichkeit gehen.
Die Administration musste sich schließlich darum kümmern, dass die Sicherheitsfirma informiert wird, denn unsere Schule ist aus Sicherheitsgründen sozusagen hermetisch abgeriegelt (ohne Genehmigung und Abgabe deines Ausweises kannst du das Gelände nicht betreten!).
Ein Schulbus sollte für den Transport bereitstehen. Des Weiteren musste die Kollegin, die die Projekttage organisiert, informiert, ein Raum für die Spendensammlung reserviert, Schreiben für die Eltern und Kollegen aufgesetzt und auf Spanisch übersetzt, schließlich an die Kommunikationsabteilung mit der Bitte um Versand verschickt werden und die Schulpsychologen in Kenntnis gesetzt werden, dass eine Hilfsaktion stattfindet.
Neben all den bürokratischen Dingen, die im Hintergrund liefen und die ich irgendwie nebenbei erledigte (erledigen musste, denn ich saß ja die meiste Zeit in den Abiturprüfungen), übernahm mein SV-Team die Werbung, erstellte ein Meme, das durch die WhatsApp-Gruppen geschickt werden konnte und ein Logo für unser Hilfsprojekt.
Denn eines stand jetzt schon fest: Es wird vielleicht unsere erste Aktion sein, die wir planen und umsetzen, aber ganz sicher nicht unsere letzte.
Innerhalb von drei Tagen stand die ganze Aktion – und ich spätestens jetzt völlig neben mir. 😀 Aber: Der Montag konnte kommen.
Spendenaktion für Hunapu-18 – die erste Spende
Bereits einen Tag nach dem Versand des Elternbriefes erreichte mich über das Sekretariat ein Anruf der Firma Maseca, eine große Maismehlfirma zwischen Guatemala und Antigua.
Sie informierten mich darüber, dass sie gerne 200 Beutel Maismehl spenden möchten. 10 Beutel mit jeweils fast einem Kilogramm Maismehl befinden sich in einer der angekündigten 25 Großpackungen.
Eine Möglichkeit, das Maismehl jedoch am Montag an die Schule zu transportieren, hatten sie nicht. Ich erklärte mich schließlich dazu bereit, am Samstag Morgen dorthin zu fahren, um das Maismehl mit meinem eigenen Auto abzuholen.
Und während sich die Jungs am Donnerstag noch in unserer WhatsApp-Gruppe darüber „stritten“, ob ich das Maismehl denn nun in oder auf mein Auto bekäme ( 🙂 ), Bedenken äußerten, dass ich am Samstag Morgen mit voll beladenem Auto bei Maseca stehen würde und nicht einmal die Hälfte des Maismehls in meinem Auto untergebracht hätte und einen Transport durch deren Eltern durchführen lassen möchten, organisierte Maseca für Freitagnachmittag (im Freitagsverkehr!) kurzerhand eine Lieferung an meine Schule.
Spendenaktion für Hunapu-18 – Montag, 29.10.2018: Der Spendentag
Ich habe schlecht geschlafen. Ohne Wecker wache ich um 4:15 Uhr auf. Dann kann ich auch zum Sport gehen, schießt es mir durch den Kopf.
Als ich ausgepowert von meinem Beintraining zurückkehre, schreibe ich Mariel eine Nachricht: I am so nervous. Nervous that we will only have the maíz. – Don’t worry, my dear. Everything will be fine.
Von 8 bis 12:30 Uhr möchten wir an meiner Schule Essensspenden sammeln. Weil meine Kids jedoch trotzdem an den Projekten der Projekttage teilnehmen möchten, hatten wir uns im Vorhinein darauf verständigt, dass ich den ganzen Tag im Raum anwesend sein werde und die fünf bzw. vier (denn Valeria war schon in der Welt unterwegs) Köpfe der SV in den Pausen zu mir stoßen werden.
Ich bin immer noch nervös, als ich um kurz nach 7 Uhr auf das Schulgelände fahre. Um ehrlich zu sein bin ich verdammt nervös, weil ich keine Ahnung habe, was der Tag bringen wird. Von „absoluter Fail“ bis „sie rennen uns die Tür ein und überschütten uns mit Spenden“ ist heute alles denkbar.
Zunächst schleppe ich zwei Säcke Kleiderspenden, die ich in den vergangenen Tagen erhalten habe und die in meinem Kofferraum liegen, in unseren Raum. Einer unserer lieben Hausmeister schleppt mir drei weitere Säcke hinterher. Raum M101! In nächster Nähe zum Busparkplatz und Haupteingang, ein wenig abseits und trotzdem doch irgendwie mitten im Geschehen.
Geplant ist ein kurzes Meeting mit der SV um 7:30 Uhr – schnelle Tagesplanung, ein paar Stoßgebete und ein Vorher-Fotoshooting. Maismehl haben wir ja wenigstens. Wird schon alles irgendwie werden.
Als wir uns um kurz vor 7:30 Uhr vor dem Raum treffen, traue ich meinen Augen kaum. Da stehen schon Kinder mit Plastiktüten. Wir verteilen die Tüten auf dem Boden im Klassenzimmer und machen in aller Ruhe unser Fotoshooting.
Um 8 Uhr beginnen die Projekte. Da wir gut in der Zeit liegen, bitte ich meine SV’ler darum, im Raum noch kurz die Stellung zu halten und organisiere beim Mantimiento, den Hausmeistern, 20 Kartons, die auch kurze Zeit später geliefert werden.
Da die Spenden noch überschaubar sind, ich insgeheim immer noch mit einem Fail rechne, entlasse ich meiner SV’ler in ihre Projekte. Die paar Nahrungsmittel kann ich schnell selbst sortieren und in Kartons verpacken.
Kurz nach 8 Uhr kommen zwei Hausmeister mit einem Transportwagen. Donde van las cosas? (Wo sollen die Sachen hin?) – What the fuck, denke ich. In die Mitte des Raumes, sage ich. Ich sortiere eine Tüte nach der anderen. Frijoles, Maismehl, Frijoles-Pampe, Reis, Zucker, Milch – und einen Haufen Kleidersäcke.
Nach einiger Zeit realisiere ich, dass eine Sortierung auf den Tischen nicht mehr funktioniert. Ich rechne die ersten Nahrungsmittel zusammen, verstaue sie in Kartons, sortiere erneut – dieses Mal auf dem Boden. Frijoles, Maismehl, Frijoles-Pampe, Reis, Zucker, Milch.
09:05 Uhr: Es klingelt zur Pause. Aber anstelle einer Pause stehen plötzlich mehrere Schülerinnen und Schüler mit weiteren Nahrungsmitteln im Raum. Muchisimas gracias, chicos. (Tausend Dank, Leute.)
Meine SV’ler kommen vorbei. Sie nehmen weitere Beutel mit Nahrungsmitteln entgegen, schütten sie auf dem Boden aus und sortieren. Ich rechne zusammen und verpacke.
Daniela bleibt auch nach der Pause noch im Raum und faltet und klebt Kartons. Dann verlässt sie den Raum, denn sie muss für unser zweites Projekt, einen Eis- und Pizzaverkauf, das morgen und übermorgen an der Schule laufen wird, noch Essensmarken verkaufen.
Ich sitze auf dem Boden. Ich sortiere. Ich rechne. Ich verpacke. Gegen 09:45 Uhr kommt meine Kollegin vorbei. Dir gehen die Kartons aus, oder?! – Ja, aber ich komme hier nicht weg. Es kommen immer wieder Leute. – Ich organisiere dir welche.
Ein paar Minuten später bringen die Hausmeister weitere Kartons. Meine Kollegin faltet sie zusammen und klebt sie mit Klebeband. Soll ja nichts raus fallen. Ich sitze immer noch auf dem Boden…
10:20 Uhr: Ein weiterer Transportwagen kommt. Jeeez, where does all this stuff come from? – Meine Kollegin fragt den Hausmeister. Die Eltern geben Nahrungsmittel an der Sicherheitsschleuse der Schule ab!
10:30 Uhr: Ich überschlage, was wir bisher an Nahrungsmitteln haben und komme zu dem Schluss, dass das viel zu viel für ein kleines Dorf ist – und rufe Mariel an.
Mariel, ich brauche deine Hilfe. Ich brauche ein zweites Dorf. Ich ertrinke hier in Nahrungsmitteln. Kannst du Barbara anrufen und mit ihr beratschlagen, welches zweite Dorf wir nehmen? – Klar, meine Liebe! Ich schreibe dir in ein paar Minuten. Kümmere dich um das Essen. Ich arbeite im Hintergrund.
Sortieren, rechnen, verpacken. Zwischenzeitlich gibt es zwei große Haufen – Hunapu-18 und Dorf 2.
Um 10:50 Uhr erreicht mich eine Nachricht von Mariel: Alotenango! – Daumen hoch und Bussi. Mir fehlt die Zeit für lange Worte.
Ich rufe unsere Chefsekretärin auf dem Handy an. Ich brauche deine Hilfe. Wir brauchen einen zweiten Transport. Für Mittwoch. – Meine Liebe, was macht ihr da unten? – Wir haben zu viel Essen. Ich habe gerade ein zweites Dorf klar gemacht. Wir fahren nach Alotenango. – Wow! Ich spreche mit meiner Kollegin. Sie kümmert sich um alles.
Als es um 11:05 Uhr zur zweiten großen Pause klingelt, stapeln meine SV-Jungs Kartons übereinander und verteilen die 25 Maispakete von Maseca auf die beiden Dörfer. Weitere Schüler bringen Nahrungsmittel, ein Papa gibt drei Säcke mit Kleidungsstücken ab. Das zweite Dorf war die richtige Entscheidung…
Um 11:30 Uhr ist es ruhig, alle Sachen sind sortiert. Ich halte es nicht mehr länger aus: Ich muss dringend zur Toilette und ich brauche einen Kaffee. Ich klebe ein Schild an die Tür Be right back!
Zwanzig Minuten später kehre ich zurück. In der Mitte des Raumes befinden sich Frijoles, Zucker, Reis, mehrere Flaschen Öl und Wasser und weitere Säcke mit Kleidung. Das Spiel beginnt erneut: Boden, sortieren, rechnen, verpacken…
Pünktlich um 12:30 Uhr schließe ich unseren Raum, informiere meine Schulleitung darüber, dass ich nicht nur morgen sondern auch am Mittwoch nicht an der Schule sein werde, weil wir ein zweites Dorf beliefern würden und ziehe eine Abschlussbilanz.
Wir konnten Folgendes sammeln:
- 244,48 Kilogramm Maismehl
- 114 Kilogramm Reis
- 108,5 Liter Wasser
- 84 Kilogramm Zucker
- 82 Kilogramm Frijoles (als Bohnen und Pampe)
- 42,4 Liter Öl
- 25 Kilogramm Milchpulver
- 6 Liter Milch
- 4 Kilogramm Pasta
- 2,1 Kilogramm Salz
- 2 Kilogramm Oatmeal
- 660 Gramm Dosenmais
- 150 Eier
- 200 Gramm (deutsche) Feigen von Seeberger 😀
- 3 Packungen Windeln
- 29 große, mittlere und kleine Kleidersäcke mit Kinder-, Frauen- und Herrenklamotten, Schuhen und Decken
- 1 Koffer voll Kleidungsstücken
- 2 dünne Matratzen
- 2 Riesenpackungen Kekse
Möchtest du wissen, wie es nach unserem Spendentag weitergeht und uns nach Hunapu-18 und Alotenango begleiten? – Dann sei‘ gespannt, denn ausführliche Berichte über beide Tage wird es in den nächsten Tagen geben und Bilder kannst du natürlich auf meiner Facebook-Seite sehen.
Wenn du möchtest, kannst du mich ebenfalls bei meinen Hilfsprojekten (mit SV und ohne SV) mit einer Spende für meine GoFundMe-Kampagne unterstützen. Denn auch wenn es sich für dich vielleicht anhört wie „old news“ – die Dörfer hier brauchen nach wie vor Unterstützung, da ihnen jegliche offizielle Unterstützung versagt bleibt.