Vorab: wahrscheinlich verstehen weniger als drei Menschen die Ironie des heutigen Blogtitels (und wahrscheinlich lesen gerade alle Leser noch einmal den Blogtitel nach, weil sie ihm vorher keine Beachtung geschenkt hatten).
Da er aber zu schön ist, um einen anderen zu nehmen, werde ich ihn erklären (müssen). Also. 13. März 2015: Englischabitur. Vorschlag A – Auszug aus einer Kurzgeschichte mit dem Titel „Thoughts on a train“ von Mango Tshabango. Thema: racism in Südafrika mit Bezug zu den USA.
Eine Kür für meinen damaligen Kurs, hatten wir die (vorgezogene) Klausur zehn Tage vor dem Abitur doch genau über dieses Thema geschrieben.
18 von 22 Prüflingen entschieden sich für diesen Vorschlag. Die Konsequenz: nach der zehnten Abitur-Korrektur bekam ich Brechreiz bereits beim Einleitungssatz. The short story „Thoughts on a Train“ by Mango Tshabango from 2010 is about… Hell, yeah! Korrekt verwendete Präpositionen, Anführungszeichen korrekt oben gesetzt, Titel und Autor korrekt (ab)geschrieben (die Erziehungsarbeit der letzten beiden Jahre trug endlich Früchte ?) – mein Willen/Bedürfnis, ein weiteres Mal den Titel/den Namen des Autors zu lesen, ging jedoch dezent gegen null. *koppauftisch*
So, Zugfahren also?! Ein Blogbeitrag über Zugfahren?! Meine thoughts on a train? Geht’s?!
What shall I say? – Ich bin Deutschlehrerin und besitze die unter dieser Spezies weit verbreitete Kompetenz, stundenlang über Sinnlosigkeiten und bescheuerte, wenig bis nichts sagende Themen philosophieren zu können. Ohne Punkt und Komma. Ohne Rücksicht auf Verluste. Wie ein Wasserfall. Mit einer Euphorie, dass es schmerzt. Also, los geht’s!
Meine Erfahrungen mit Zugfahren in SOA? – Begrenzt. Ich erinnere mich an zwei Situationen.
Situation 1: Die Zugfahrt von Bangkok nach Chiang Mai (2004), eine Nachtfahrt im Schlafabteil und daher wenig aussagekräftig, weil ich geschlafen habe.
Situation 2: Die Zugfahrt ab Rangoon (2008), hoch die „Road to Mandalay“. Ach, ich höre den Robbie schon trällern: „Everything I touched was golden, everything I loved got broken on this road to Mandalay“ – was auch immer er da singt, mit Burma und Mandalay kann es nichts zu tun haben und ich bezweifle stark, dass der Herr jemals in einem burmesischen Zug saß. Holzklasse. Im wörtlichen Sinne. Holzbänke. Blanke Holzbänke.
Zu meinen Füßen: ein Käfig mit Hühnern. Gackernde, kackende, stinkende, ständig mit den Füßen scharrende Hühner. Rechts und links von mir: Burmesen, die ganze Reissäcke durch das Land transportieren. Teilweise auf ihnen sitzen, weil sie auf den Holzbänken entweder keinen Platz mehr gefunden haben oder weil die Säcke einfach bequemer sind.
Die Höchstgeschwindigkeit des Zuges: 30km/h – viel schneller sollte der Zug auch beim Aussehen der Schienen nicht fahren – die normale, durchschnittliche Geschwindigkeit: etwas schnelleres Gehen.
Ein Gutes hat es. Man kann Einkäufe durch die Fenster (oder mit welchem Wort auch immer man die Luftlöcher der Zugwände beschreiben kann) tätigen und Obst, Getränke, warmes Essen von Verkäufern, die an den Gleisen stehen, einkaufen.
Drei Stunden später spürt man dann auch die Schmerzen in Po und Rücken nicht mehr – alles ist komplett taub.
Entweder die Zeiten haben sich in den letzten Jahren deutlich zum Positiven verändert oder ich war einfach im falschen Land unterwegs – ein Gedanke, den ich zum damaligen Zeitpunkt schon einmal hatte.
Nein, ernsthaft, Bus fahren in Thailand bin ich durchaus gewohnt. Auch in Vietnam. Nicht alles geht mit Scooter.
Natürlich sind die Kontraste zu damals mehr als deutlich, wenngleich die Geschwindigkeit immer noch, zumindest gefühlt, dieselbe wie damals ist.
Heute bringt Zugfahren aber sämtliche Annehmlichkeiten mit sich, die man sich nur vorstellen kann: bequeme Sitze, einen Fernseher (heute proudly presented by Kereta Api, die deutsche Bahn im Indo-Lääänd: „Night in the Museum“, Teil 2, wenn man die passenden Stöpsel hat! Besser als „Snowwhite and the huntsmen“ auf voller Lautstärke in der Endlosschleife – erlebt im Nachtbus von BKK nach Phuket, da helfen dann auch keine Ohropax und Dr. Dubai-Tabletten mehr), Stromanschlüsse bei den Sitzen, eine Crew, die ständig herumläuft und die Reisenden mit völlig überteuertem und übel schmeckenden Kaffee (ich weiß auch nicht, warum mir gerade jetzt sänk ju for traveling wis deutsche Bahn einfällt) versorgt, eine funktionierende Klimaanlage. Sehr gut funktionierende Klimaanlage. Zu gut.
Gerade in Bezug auf Letztere ist eine dringende, entsprechende Reise-Vorbereitung anzuraten, denn Klimaanlagen (auch oder vor allem die in asiatischen Bussen) sind grundsätzlich viel zu kalt eingestellt. Socken, Decke, diverse Jäckchen/Pullis sollten daher im Reisegepäck so verstaut sein, dass man schnell und problemlos an sie heran kommt.
Sehr schnell, da Frostbeulengarantie. Einmal mehr erwiesen sich mir meine flauschigen Flugzeug-Socken (das letzte Mal nutzte ich sie als Handschuh-Ersatz, um den Ijen zu besteigen), die heute farblich sogar auf Flipflops und Brille abgestimmt sind und mein Ayshe-Schal, der sich immer wunderbar als Decke, Kopfbedeckung in Moscheen, Bedecken meiner Knie (Sarongstyle), Schal bei Regen auf dem Roller, Kälteschutz, wenn man mal spontan einen Berg besteigen möchte, einsetzen lässt als unverzichtbare Reise-Accessoires.
Auch um die rauchenden Passagiere wird sich gekümmert. Stündlich hält der Zug an einem Bahnhof. Fünf bis zehn Minuten Wartezeit, die von den Passagieren nicht ungenutzt bleiben.
Alle Raucher raus auf den Bahnhofssteig – das Schild „non-smoking area“ interessiert hier ja niemanden – wieder rein, wenn der Schaffner beginnt, die Türen zu schließen.
Dank der vorhandenen Steckdosen kam ich heute ein gutes Stück in meinem Buch weiter, habe zahlreiche Bilder und Videos auf dem Handy sortiert, diesen Blogbeitrag geschrieben.
Vielleicht verfasse ich demnächst mal einen Beitrag über „Dinge, die man tun kann, wenn man absolut nichts zu tun hat“.
Vielleicht ziehe ich mir diese Liste dann mal in den nächsten Ferien rein, bleibe daheim und arbeite sie ab. Ääähh…?! – I don’t think so!