Labuanbajo, Flores oder: 1. kommt es anders und 2. als man denkt…

Oder: If things happen, just let them…

Zig Untertitel würden mir zum heutigen Tag einfallen – ich fühle mich außerstande, mich für einen zu entscheiden. Zig Ereignisse würden mir zum heutigen Tag einfallen – ebenfalls fühle ich mich außerstande, mich für das Highlight zu entscheiden. War es die Besichtigung der Schule? War es das Kaffeetrinken bei Einheimischen? War es der Kratersee mit seinen heißen Quellen? Waren es die Menschen auf den Straßen, die mir immer „Hello, Miss!“ beim Vorbeifahren zuriefen? War es die Frau, die nach unserem Lunch immer wieder meine Nase berühren wollte – etwas, das mir in Asien schon häufig an tourifreien Orten passiert ist und worüber ich immer wieder grinsen muss? Oder war es die Route an sich? Aber erst einmal der Reihe nach…

Irgendwann im Laufe des gestrigen Tages – ich befand mich noch auf dem Boot – stellte ich fest, dass ich mein Flugdatum nach Yogyakarta gedanklich falsch abgespeichert hatte. Ich Idiot – so etwas war mir in den letzten Jahren noch kein einziges Mal passiert. Mein Flug fand erst einen Tag später als ursprünglich geplant statt. Ich Idiot – denn in meiner Unterkunft hatte ich lediglich eine Nacht gebucht, wohlwissend, dass die Kapazitäten auf Flores begrenzt waren. Insofern war ein kleiner Adrenalinschub fällig. Verdammt! Ich rief die Unterkunft noch vom Boot aus an, diese konnte mir jedoch nichts Genaues sagen. Es hieß erst einmal abwarten bis wir in LBJ ankamen. Ungeduldig wie ich war und Planungssicherheit wie ich sie haben wollte – einige schwierige Minuten für mich. Aber, dem Indostyle sei Dank, sowohl eine weitere Nacht war möglich als auch eine Rollerausleihe. Wundervoll. So ging ich nach dem Check In und einer Dusche, die nach 4 Tagen auf dem Boot nun mehr als notwendig war und die auch direkt in Klamotten stattfand (aus denen kam ich nämlich nicht mehr raus, sie schienen vollständig mit meinem Körper verbunden), auf ein Bintang zu Hans. Dort angekommen, war klar, dass wir die Zeit, die nun zur Verfügung stand, mehr als sinnvoll nutzen konnten. Wir entschieden uns, den kommenden Tag zusammen zu verbringen und Richtung Ruteng zu fahren. Noch am Abend, während ich auf Futtersuche war, schaute ich mir beim ‚Durchlaufen‘ Labuanbajo an, stellte ich fest, dass es nicht sonderlich viel zu bieten hatte, genauer gesagt sogar gar nichts und, um es auf den Punkt zu bringen, sogar ziemlich hässlich war – eine Hafenstadt eben – so dass eine landschaftliche Abwechslung und eine Fahrt ins Landesinnere sicherlich kein Fehler war (und abgesehen davon war das ja sowieso mal mein ganz ursprünglicher Plan!).

Zuerst ging es aus LBJ raus und, oh Wunder, einen Berg hoch. Indo-Lääänd besteht scheinbar auch nur aus Vulkanen! Nach einer kurzen Rast kamen wir in einem kleinen Dorf an. Dort zeigte mir Hans die Schule. Zuerst erschrocken über die Zustände, dachte ich doch sofort an meine Annehmlichkeiten Zuhause mit Smartboard, Whiteboard, PC und sämtlichem digitalen (unnötigen?!) Hokuspokus, den man sich so vorstellen kann. Mein nächster, weitaus interessanterer Gedanke war der, dass es mich an die Zustände erinnerte, die ich nahezu täglich in meiner Oberstufe in der Theorie unterrichtete – ich dachte an Südafrika, Bantu education und meine Unterrichtsinhalte waren mit einem Mal gar nicht mehr soooo realitätsfern, um nicht zu sagen sogar äußerst präsent.

Weiter ging es nach Rangat, einem kleinen Dörfchen mitten im Nirgendwo, abseits von der großen Straße, die nach Ruteng führte. Wir hielten bei einer Familie, die Hans kannte und die uns direkt zu sich ins Haus einlud, um dort Kaffee zu trinken. Ein Großteil der Familie war zugegen – unterschiedliche Generationen vereint unter einem Dach. Das Familienoberhaupt jenseits der 70, aber stolz präsentierte er uns seine Jacke und Kopfbedeckung, stolz war er auf das Bild, das ich von ihm gemacht hatte. Herzlich waren sie. Alle. Ausnahmslos. Und dennoch: von Lebensqualität und Luxus konnte hier keineswegs die Rede sein. Ein großes Doppelbett, auf welchem anstelle einer Matratze nur Matten lagen, stand mitten im Raum, in welchem sich gleichzeitig die Küche und der Essbereich befanden, die Kids spielten auf dem Boden mit nichts außer sich selbst, keiner hatte irgendetwas zu tun, aber keiner von ihnen schien irgendwie unglücklich. Das Aufeinandertreffen zweier so unterschiedlicher Kulturen nahm ganz ordentlich Geschwindigkeit bei mir heraus. Auf gespenstische Art und Weise fand ich es unglaublich entspannend, herzerwärmend und herzlich. Ihre Sprache konnte ich nicht verstehen, aber eine gemeinsame Sprache sprachen wir dennoch: die des gemeinsamen Lachens, des uns gegenseitigen Anlachens.

Da aber der Großteil unseres Weges noch vor uns lag, mussten wir bald aufbrechen. Weiter ging die Fahrt in Richtung des Kratersees. Die Fahrt dorthin, nicht nur eine Herausforderung in Bezug auf die Konzentration, die zu erbringen war und mir alles abverlangte – von ausgebauten Straßen konnte hier wirklich keine Rede mehr sein; der Versuch, ein Video während der Fahrt zu drehen, musste scheitern, ich brauchte zur Abwechslung mal wirklich beide Hände am Lenker – sondern auch eine körperliche Herausforderung, denn meine Unterarme schmerzten am Abend ziemlich heftig von den krassen Erschütterungen und meine Finger schmerzten vom Greifen beider Bremsen. Zuhause hätte man solche Wege stehend mit einer Enduro gefahren  (ich sehnte mich nach meiner BMW), aber keinesfalls mit dem Roller. Hier – naja, kann man das ja mal machen. 😉

Der Kratersee – ein Idyll mitten im Nirgendwo. Ruhig lag er vor uns. Ruhig war es um ihn herum. Die Stille einzig unterbrochen vom vereinzelten Geplätscher der heißen Quellen und Geblubber vom kochenden Wasser. Der Geruch war mir mittlerweile mehr als vertraut – heute musste ich jedoch nicht als Schnüffeltierchen her halten, soooo arg war es dann doch nicht. 😉 Nach einer weiteren kurzen Pause in einem Dorf und der Besichtigung einer Kirche – es ist doch immer wieder interessant, wie viel Geld in Europa für den sogenannten Glauben verprasst wird und wie wenig eigentlich für wirklichen Glauben notwendig ist – traten wir über einen Umweg langsam aber sicher den Rückweg nach LBJ an.

Ein gemeinsames Bierchen oder auch zwei oder drei auf der Veranda, ein gutes Gespräch und der Tag fand seinen perfekten Ausklang. Duschen, bloggen, schlafen – müde, dankbar, aber auch irgendwie total tiefenentspannt geht ein ereignisreicher Tag zu Ende.