East meets West: Die geschichtsträchtige Altstadt von Sarajevo
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Nach meiner Ankunft in Sarajevo im Hotel VIP war ich nicht mehr zu großen Sprüngen in der Lage: Duschen, Abendessen, Bett. Die lange Fahrt von Mostar, über das Monastir Ostrog nach Sarajevo, die über 400 zurückgelegten Kilometern und die sieben Stunden Autofahrt auf teilweise richtig schlechten Straßen sorgten bei mir nur noch für ein Bedürfnis: Ruhe.
Die Gallery 11/07/95
Als Einstimmung in die Geschehnisse der Stadt und des Landes habe ich mich dazu entschieden, am Vormittag zuallererst die Gallery 11/07/95 zu besuchen. Diese setzt sich in der Dauerausstellung „Srebrenica“ mit dem Völkermord des Landes an Tausenden von Menschen und dem Leben der Menschen auseinander, die die Massaker vom 11. Juli 1995 überlebt haben. Anhand von Bildern erhältst du hier einen fragmentarischen Einblick in das Trauma von Srebrenica.
Als ich dort ankomme, bin ich zunächst ein wenig enttäuscht, dass dies lediglich anhand von Bildern und einem Audio Guide geschehen soll. Blauäugig? Naiv? Zugegeben, ich hatte nur eine vage Vorstellung von dem, was in Srebrenica geschehen war. Völkermord mitten in Europa. That’s about it.
Im Nachhinein bin ich froh, dass es lediglich anhand von Bildern und einem Audio Guide geschehen ist. Denn was dort passiert ist, ist so monströs, furchtbar, grausam und abscheulich, dass es gut ist, dass die Bilder nur einen kleinen Teil davon zeigen.
Schockiert war ich von den einzelnen Beschreibungen der geschätzt dreißig bis vierzig großen, schwarz-weiß Bilder: Sie zeigen das alltägliche Leben der Überlebenden, die Tatorte, die Landschaft um die Tatorte herum. Totenschädel werden gezeigt. Ausgehobene Massengräber. Nachträgliche Bilder von Bestattungen. Die Sortierung und Katalogisierung von gefundenen Kleidungsstücken. Drähte, mit denen die Menschen aneinander gebunden, aufgereiht und dann erschossen wurden.
Die Altstadt von Sarajevo
Ich habe leichte Kopfschmerzen, als ich die Ausstellung verlasse und das Bedürfnis, mich für einige Minuten in Ruhe irgendwohin zu setzen. Und so suche ich neben der Katedrala Scra Isusova, der Kathedrale Herz Jesu, ein ruhiges Plätzchen, um mich mal kurz zu sammeln.
Ich verliere mich schließlich im Gewirr der kleinen Straßen der Altstadt von Sarajevo. Es sind einige Menschen auf den kleinen Gassen unterwegs. Einheimische. Teilweise befinden sie sich wahrscheinlich gerade auf dem Weg zur Arbeit. Denn sie hetzen die Fußgängerzone entlang. Teilweise sitzen sie gemütlich in den Straßencafés, die zu dieser Stunde jedoch noch im Schatten liegen.
Vorbei an der Ferhadija Dzamjia, einer von mehreren Moscheen mitten in der Altstadt, stoße ich immer weiter in den Kern der Altstadt vor.
In einem leicht chaotischen Zick Zack von Gasse links rein, Gasse entlang, Gasse rechts, wieder auf die Hauptstraße der Fußgängerzone, Gasse rechts rein und so weiter mache ich dabei Bekanntschaft mit der Gazi-Husrev-Beg-Moschee, dem wichtigsten islamischen Gebetshaus der Stadt und dem ehemaligen Wohnhaus von Gazi Husrev Beg.
Ich komme schließlich zur Bascarsija, dem eigentlichen Herz der Altstadt. Du erkennst es an den zig Tauben, die sich an diesem Platz befinden. Der Turm in der Mitte steht für Gründung der Stadt als Handelszentrum.
Die Straße von der Hauptstraße zur Bascarsija liegt am Vormittag auch bereits in der Sonne, so dass ich hier eine erste längere Pause einlege – bei bosnischem Kaffee natürlich.
Mein weiterer Weg führt mich schließlich noch tiefer in die kleinen Gassen. Und einmal mehr kann ich mir den Gedanken nicht verkneifen, mitten in Istanbul spazieren zu gehen. Der osmanische Einfluss der Stadt ist einfach nicht wegzuleugnen.
Und als der Muezzin im Hintergrund schließlich zu singen beginnt, fange ich unweigerlich zu grinsen an. Die Geschehnisse des Vormittags nach Koffein und allzu vertrauten Geräuschen schon fast vergessen. Fast. Denn bedrückt bin ich irgendwie immer noch. Solche Eindrücke lassen sich nicht einfach von der einen auf die andere Minute oder mit dem Verlassen eines Gebäudes abschütteln.
Die Lateinerbrücke
Die Lateinerbrücke zählt zu den ältesten Brücken Sarajevos. Und glaub‘ mir, da die Miljacka mitten durch Sarajevo fließt, gibt es einige Brücken in dieser Stadt. Alle paar Hundert Meter. Mindestens.
Auf dieser Brücke soll das Attentat auf Franz Ferdinand geschehen sein, welches wiederum unter anderem als Auslöser des Ersten Weltkrieges galt.
Außerhalb der Altstadt von Sarajevo
Ich überquere die Brücke, spaziere auf der anderen Seite der Miljacka entlang, auf welcher sich übrigens auch die Kaisermoschee befindet.
Der eigentliche Grund, warum ich auf dieser Seite laufe, ist der, dass ich das ehemalige Rathaus, das Vijecnica, das sich flussaufwärts befindet und von der anderen Flussseite aufgrund seiner Größe besser zu bestaunen ist, sehen möchte.
Die Straßen Sarajevos
Danach verliere ich mich in ein bisschen in den Straßen jenseits der Altstadt. Das Straßenbild hat sich hier ein wenig verändert. Teilweise mehr. Teilweise weniger.
Mir fallen zahlreiche heruntergekommene Häuserfronten auf. Zahlreiche zerstörte Gebäude. Zahlreiche unbewohnte Gebäude. Überbleibsel des Krieges. Überbleibsel einer dunklen Vergangenheit.
Und unweigerlich frage ich mich: Wenn die Altstadt von Sarajevo so schön ist und so liebevoll aufgebaut wurde, warum ist dies in den umliegenden Teilen der Stadt bisher nicht geschehen? Kein Interesse? Ignoranz?
Irgendwo im Internet habe ich den Vorwurf gelesen, die Bewohner Sarajevos hätten zwar überall Mahnmale und Denkmäler errichtet, würden sich jedoch vor ihrer Vergangenheit verschließen. Sie nicht wahrhaben wollen. Sie einfach weg ignorieren. Sind das die symbolischen Beweise dafür?
Oder existieren einfach keine finanziellen Mittel? Und sind diese Gebäude sozusagen die living proofs dieser Problematik?
Fortsetzung folgt
Mein Hungergefühl setzt ein und ich beschließe, meine Besichtigung der Stadt mit dem Besuch der Gelben Burg, eines Friedhofs und dem des Tunel of Life am morgigen Tag fortzusetzen und meine Fragen bei einem leckeren Pljeskavica weiter auf mich wirken zu lassen…
Mostar – Trebinje – Sarajevo: Altstadt von Sarajevo / Sarajevo Tunnel –
Meine Highlights in BiH – Meeting of Cultures: Die Menschen in BiH – Fotoparade 2-2017