Gute Länder – böse Länder: Reise nach Guatemala
Gute Länder – böse Länder: Reise nach Guatemala
Für viele Menschen in Europa ist Guatemala ein völlig unbekanntes Land. Fragst du Menschen spontan danach, wo Guatemala liegt, kann es sogar passieren, dass sie es irgendwo auf dem afrikanischen Kontinent suchen. Und für diejenigen, die zwar in etwa wissen, wo es liegt („irgendwo bei Mexiko halt“), ist es dennoch irgendwie ein weißer Fleck auf der Landkarte.
Denn Infos über Guatemala erhältst du in Europa selten bis gar nicht. Weder taucht Guatemala in den Medien auf – und falls doch, braucht es mindestens einen heftigen Vulkanausbruch, um mal für ein paar Tage in den deutschen Medien zu erscheinen -, noch wird ihm über die Seite des Auswärtigen Amtes – siehst du einmal von den haarsträubenden Sicherheitshinweisen ab – große Beachtung geschenkt.
Aus diesem Grund möchte ich dir heute ein paar Informationen für deine Reise nach Guatemala geben.
Denn je besser und detaillierter du die Situation in Guatemala kennst, desto einfacher und vor allem sicherer wird es für dich sein, dieses Land zu bereisen. Guatemala ist ein wahnsinnig schönes, vielseitiges und vor allem buntes Land.
Dennoch ist das Land nicht ganz ohne. Auch wenn sich die meisten kriminellen Taten nicht gegen Touristen richten, ist es sicherlich sinnvoll, sich vor einer Reise nach Guatemala einmal eingehend mit dem Land auseinanderzusetzen. Denn kennst du ein wenig den Hintergrund des Landes und besuchst du die richtigen Orte, verringert sich damit auch das Risiko, Opfer von Kriminalität zu werden.
Guatemala – die aktuelle Situation in Guatemala
Im Jahr 2014 gab es eine vergleichsweise große Welle an guatemaltekischen Kindern, die von Guatemala, Honduras und El Salvador in die Staaten flohen. Zahlreiche Berichte und Diskussionen über die möglichen Gründe findest du im Internet, wenn du in der Google Suchmaschine die Begriffe “Central American refugees” eingibst, so dass ich in meinem Blogbeitrag nicht in die Tiefe gehen muss. Im Großen und Ganzen – so viel sei noch gesagt – flohen diese Kinder vor allem vor Gewalt, extremer Armut und Gangs.
Während dies einerseits sicherlich nicht zu vernachlässigen ist, gute Gründe sind und die Kriminalität in Guatemala in manchen Orten tatsächlich sehr real und vor allem an den Grenzen sehr hoch ist, darf man hierbei aber nicht vergessen, dass die Medien kriminelle Zwischenfälle auch gerne einmal dazu nutzen, Sensationen zu schaffen und Guatemala als gefährlicher zu bereisen abstempeln als dies vielleicht tatsächlich der Fall ist.
Denn wenn du nicht blind reist, genau weißt, wo du dich befindest und was du dort machen wirst, sollte dir eigentlich nichts geschehen.
Reise nach Guatemala – ein kurzes Portrait der Vergangenheit
Guatemala hat eine sehr bewegte Geschichte: Es gab Revolutionen, Bürgerkriege, Militärregierungen, blutige Aufstände und gewaltsame Demonstrationen. Die letzten Jahrzehnte haben nicht unbedingt dazu geführt, dass Guatemala ein stabiles Land geworden ist, denn von wirklichem Frieden und Harmonie ist Guatemala weit entfernt.
Das heftige Erdbeben von 1976 und das politische Klima vor allem während der 70er und anfänglichen 80er führte dazu, dass viele Guatemalteken ihr Land verließen und Zuflucht in den Staaten suchten.
Der Bürgerkrieg (1960-1996) in Guatemala dauerte 36 Jahre, endete erst in den ausgehenden 90er Jahren. Auch wenn der Bürgerkrieg mittlerweile mehrere Jahrzehnte vorbei ist, sind seine Auswirkungen heute noch zu spüren.
Die Gewalt, öffentlichen Exekutionen, der Völkermord an 40.000 Menschen aus der indigenen Bevölkerung und die Entführungen, die an der Tagesordnung standen, haben deutlich ihre Spuren hinterlassen.
Der Ausbruch des Fuego am 03.06.2018 war nicht nur eine Naturkatastrophe, mit welcher im Ring of Fire – wenn man denn an einen Zusammenhang glaubt – eigentlich nur alle 30 bis 35 Jahre zu rechnen ist. Dass er jedoch das letzte Mal Anfang 2018 und davor 2016 ausgebrochen ist, auch hier der Flugverkehr in Guatemala Stadt eingestellt werden musste und mehrere Dörfer unter einem Lavastrom begrub, wissen die wenigsten.
Gerade der letzte Ausbruch war heftiger, da pyroklastische Ströme und anhaltende Eruptionen ein weitaus größeres Zerstörungspotenzial besaßen, was dazu führte, dass bestimmte Gebiete mittlerweile als völlig unbewohnbar erklärt wurden. Es handelte sich hierbei demnach nicht nur um eine Naturkatastrophe, sondern vor allem auch um eine soziale.
Reise nach Guatemala – in das gefährlichste Land der Welt?!
2013 wurden Honduras, El Salvador und Guatemala, die als das Dreieck der Gewalt in Mittelamerika angesehen werden, als die gefährlichsten Länder der Welt bezeichnet. Mit einer Mordrate von 90,4 auf 100,000 Menschen bildete Honduras dabei die Spitze, gefolgt von El Salvador (Platz 4) mit 41,2 Morden und Guatemala (Platz 5) mit 39,9 Morden auf 100.000 Menschen. Im Vergleich: Costa Rica hatte in diesem Jahr eine Mordrate von 8,5!
Das ist natürlich 5 Jahre her und die Zahlen haben sich mittlerweile zum Positiven verändert: Die Mordrate ist auf 26,1 gefallen und Guatemala verzeichnete 2017 nur noch 4.409 Morde. Eine Zahl übrigens, die weitaus niedriger ist als die von Guatemalas Nachbarländern Honduras und Salvador.
Von einem ganz ungefährlichen Land kann man dennoch nicht sprechen, denn andere Länder Mittelamerikas verzeichnen durchaus niedrigere Zahlen (Costa Rica: 12,1, Ecuador: 5,8).
Was man bei all diesen Zahlen nicht vergessen sollte, ist die Tatsache, dass Mord in Guatemala meistens mit Gang-Aktivitäten einhergeht und häufig an der Grenze zu Mexiko stattfindet. Häufig auch eher in den Gegenden von Peten.
Reise nach Guatemala – in das ärmste Land der Welt?!
Das ärmste Land der Welt ist Guatemala sicher nicht, dennoch leben über 50% der Bevölkerung in Armut und fast 20% in extremer Armut. Die Schere zwischen arm und reich ist riesig, denn die wohlhabendsten Menschen, die übrigens gerade mal 10% der Bevölkerung ausmachen, verdient die Hälfte des kompletten Einkommens des Landes, während die obersten 20% zwei Drittel der Einnahmen ausmachen.
Reise nach Guatemala: Tourismus und Kriminalität
Zugegeben, die Tatsache, dass es Gewalt in Guatemala gibt, lässt sich nicht verleugnen. Auch nicht die Tatsache der hohen Mordraten. Aber die Statistiken sind nicht für das ganze Land repräsentativ. Ich möchte hier auf keinen Fall irgendetwas runterspielen und schön reden, denn es gibt Phasen in diesem Land, da knallt es innerhalb kürzester Zeit und mehrere Tage hintereinander ziemlich heftig:
Im März 2018 wurden beispielsweise an drei Tagen hintereinander in drei verschiedenen Zonen in Guatemala Stadt drei Taxifahrer am hellichten Tag und auf offener Straße erschossen.
Im April 2018 gab es eine kleine Hochphase von Überfällen auf Chicken Busse und Demonstrationen gegen Korruption fanden verstärkt im Mai und im Anschluss an das Belize-Referendum statt.
Kriminalität gegen Touristen
Touristen erfahren für gewöhnlich wenig Kriminalität in Guatemala. Meistens sind Touristen lediglich von kleineren Diebstählen oder bewaffneten Überfällen betroffen. Häufig geschehen auch Taschendiebstähle an beliebten Plätzen, auf Märkten oder in größeren Städten, wie Guatemala Stadt.
Diese Diebstähle laufen meist nach demselben Muster ab: Zwei Menschen kommen auf dich zu, einer stellt dir eine Frage, während dich der andere bestiehlt.
Express-Kidnapping
Vorkommen können auch Taxi-Entführungen – du steigst in ein Taxi, dieses muss an einer roten Ampel anhalten, zwei weitere Menschen steigen während des Haltens in das Fahrzeug, stehlen dein Geld, dein Handy und deine Einkäufe, bringen dich an einen abgelegenen Ort und lassen dich wieder raus – oder Express-Entführungen – mindestens eine Person kommt auf dich zu, bedroht dich unauffällig mit einer Waffe, führt dich an einen Geldautomaten und bittet dich, eine Bargeldabhebung vorzunehmen.
Carjacking und Überfälle auf Fahrzeuge
Ab und an kommt es auch zu Fahrzeug-Entführungen und Überfälle auf Busse. Aus diesem Grund sollte man im Auto immer mit verriegelten Türen und nicht mit einem Chicken Bus fahren oder spontan in ein Taxi einsteigen.
Überfälle auf Busse geschehen eher seltener auf großen, stark befahrenen Straßen. Auch Shuttles auf typischen Touristenstraßen werden immer einmal wieder angehalten, um Wegzoll zu kassieren. Solche Wegzölle erkennst du daran, dass sich Steine oder Äste mitten auf der Fahrbahn befinden, die den Fahrer eines Busses oder Shuttles zum Anhalten zwingen sollen.
Guatemala und die USA – ein Vergleich
Und auch wenn ich hier nichts runterspielen will – ich weiß, ich wiederhole mich -, wenn du dich einmal mit den Mordraten der Staaten auseinandersetzt (2015: St. Louis, Missouri: 59,29, Detroit: 43,82, Birmingham, Alabama: 37,21 Morde auf 100.000 Menschen, wirst du schnell feststellen, dass bestimmte Städte in den Staaten – zumindest laut Statistik – genauso gefährlich sind wie Guatemala.
Beliebte touristische Orte für Kriminalität
Touristen werden häufig in abgeschiedenen Gegenden Opfer von Kriminalität. Hierzu zählen beispielsweise die Gegenden um den Lago Atitlan, Agua oder Acatenango.
An Orten wie dem historischen Zentrum (Zona 1) von Guatemala Stadt, Tikal im Norden Guatemalas oder dem Cerro de La Cruz in Antigua gibt es eine sehr starke Präsenz der Touristenpolizei, die einzig und allein dafür eingesetzt wird, Touristen vor Überfällen zu schützen.
Einsätze wie diese haben tatsächlich dazu geführt, dass ein großer Teil touristisch beliebter Ziele viel sicherer geworden ist.
Touristische Orte, die als überwiegend sicher gelten
Antigua, der Lago Atitlan, den Aldous Huxley übrigens als den schönsten See der Welt bezeichnet hat, Quetzaltenango (Xela), Chichicastenango, Flores und Santa Elena und die Pazifikküste – all diese Touristenorte lassen sich durchaus als überwiegend sicher bezeichnen.
Zurückzuführen ist dies vor allem darauf, dass sie daran gewohnt sind, Touristen zu beherbergen und eine vergleichsweise niedrige Kriminalitätsrate haben. Über die Region Petén hört man leider immer wieder die unterschiedlichsten Stimmen.
In jedem Fall solltest du aber auch an Orten, die als überwiegend sicher gelten, aufmerksam bleiben und immer ein Auge auf deine Wertsachen haben.
Gute und böse Länder und eine Reise nach Guatemala – mein Fazit
Zugegeben, ich verliere bei all den Listen mittlerweile den Überblick. Speichere ich meine Recherche-Links nicht direkt nach deren Auffinden ab, verschwinden sie unauffindbar in den Weiten des Internet und werden durch neue, angsteinflößendere Artikel abgelöst. Mordraten kann ich mir schon lange nicht mehr merken – und Zahlen sind ja bekanntlich sowieso nicht unbedingt mein Steckenpferd.
Nur weil ein Land Probleme, eine schlechte oder vielleicht gar keine Presse auf anderen Kontinenten hat, ist das nicht gleichbedeutend damit, dass es sich nicht lohnt, eben genau diesem Land einen Besuch abzustatten. Um sich selbst ein Bild zu machen. Um selbst zu entscheiden, ob es sich bei diesem Land um ein gutes oder böses Land handelt.
Guatemala mag seine Probleme haben – ja, es ist ein armes Land, ja, die Kriminalität ist hoch, ja, Menschen werden hier auf offener Straße erschossen und düstere Gestalten treiben sich nach Einbruch der Dunkelheit und teilweise auch bei Tageslicht auf den Straßen herum, Menschen werden ausgeraubt – , aber dennoch ist Guatemala ein “gutes Land”. Wenngleich du während deiner Reise sicherlich vorsichtiger sein musst als in anderen Ländern Süd- oder Mittelamerikas, ist Guatemala ein Land, das es Wert ist, bereist zu werden. #GuatemalaEsColor
Bist du auf der Suche nach weiteren hilfreichen Tipps für deine Reise nach Guatemala? – Dann stöbere doch einmal auf meiner Guatemala-Seite. Oder suchst du Spezifischeres und benötigst Informationen zur Einreise nach Guatemala, Wissenswertes & Sehenswürdigkeiten in Guatemala, Allgemeineres für deine Reise nach Guatemala, Hilfestellungen zur Bargeldabhebung, ein kurzes Briefing über 15 Dinge, die du auf keinen Fall in Guatemala machen solltest oder 10 seltsame Dinge, die in Guatemala völlig normal sind? Auch wenn du dich über Transportmöglichkeiten, wie Uber und Taxi, dem Chicken Bus, das Autofahren in Guatemala oder das Fahren mit der Transmetro in Guatemala Stadt informieren möchtest, bist du hier natürlich richtig! 😉