Perthshire – until Great Birnam Wood to high Dunsinane Hill shall come

Gestern Abend gab es keinen Blogbeitrag mehr – ich hatte noch eine wichtige Verabredung, die es mir unmöglich machte, in Ruhe einen Blogpost zu verfassen. Dazu aber später mehr.

Der Morgen begann erneut in aller Ruhe mit einem gemeinsamen Frühstück mit Elspeth und Colin. Wir sprachen über die unterschiedlichen Traditionen des Weihnachtsfestes, das Weihnachtsessen, Silvester, meine weiteren Reisepläne und – wer hätte es gedacht?! – über das Wetter. Colin: „Actually, Scotland does have all four seasons… [dramatische Pause] per day.“ Word! Nur geschneit hatte es bisher noch nicht. Noch nicht. Der eisige Wind heute Morgen in der Region Fife – es soll die Tage noch ekelhafter dort werden, schon am Tag zuvor waren Unwetterwarnung für die Gegend herausgegeben worden – machte einen Abschied sehr erträglich.

Und weil es schon ganz lange keine Routenübersicht mehr gab, hier ein schönes Bild (orange ist ja das neue schwarz – okay, darüber macht man echt keine Witze, ääh, doch! :-P):

Mein Weg führte zunächst zum Dunsinane Hill. Die Fremdsprachenlehrerin sollte ja, wenn sie schon einmal in Schottland ist, diesen literarisch so wichtigen Berg besichtigen, kommt er doch in einem der bekanntesten Shakespeare Stücke „Macbeth“ vor, in welchem die Prophezeiung der Hexen lautete: „Macbeth shall never vanquished be, until Great Birnam wood to high Dunsinane hill shall come against him.“ Kurz zur Erläuterung: Aufgrund der Hexenprophezeiung fühlt sich Macbeth so sicher – er geht ja korrekterweise davon aus, dass sich ein Wald im wörtlichen Sinne nicht bewegen kann -, dass er weder Tod noch Teufel fürchtet und am aller wenigsten seinen größten Widersacher Malcolm. Allerdings sind die Prophezeiungen der Hexen nicht wörtlich zu verstehen (die sind ja böse Gewitterhexen!). Schließlich „bewegt“ sich der Wald doch, denn die Soldaten tragen, als sie durch den Birnam Wood laufen, als Tarnung große Äste vor sich her. Wenn sich die Armee also bewegt, sieht es so aus, als würde sich der Wald bewegen. Macbeth wird daraufhin im Zweikampf von Macduff, einem Than of Fife (die Ecke, wo ich gerade zwei Tage genächtigt hatte) getötet. Dass es sich hierbei nur um einen fiktiven Sieg handelt, liegt nahe. Ist ja Literatur. Macbeth wurde erst einige Jahre später von Malcolm in der Nähe von Aberdeen, das übrigens auch noch auf meiner Reiseroute liegt, geschlagen. Den Hügel gab es heute nur von der Seite zu sehen – auf Bergbesteigung wollte ich bei dieser Reise mal ausnahmsweise verzichten.
Eine weitere Station heute war St. Serfs Church & Dupplin Cross. Nicht nur die Kirche an sich sieht total süß aus und hatte es mir irgendwie angetan, auch das Dupplin Cross, das sich im Inneren der Kirche befindet, soll eines der am detailliertest gemeißelten Steinkreuze überhaupt sein. Gemeißelt wurde es rund um 800 (es ist also echt alt!) und wurde einem der letzten Könige von Pictland gewidmet. Leider, leider ist die Kirche nur sechs Monate im Jahr geöffnet, so dass ich sie heute nur von außen betrachten konnte. Eigentlich hatte ich vor, dort eine Kerze anzuzünden – ja, jedes Jahr an Heiligabend zünde ich, insofern mir eine Kirche zur Verfügung steht, für meinen Opa eine Kerze an, ja, ich! -, aber ich war mir sicher, dass ich noch eine schöne Kirche auf meiner weiteren Route finden würde.

Unverrichteter Dinge machte ich mich auf die Weiterfahrt zum Huntingtower Castle. Die Geschichte hinter dieser Burg ist ganz witzig. Im 16. Jahrhundert wurde die Burg vom First Earl of Gowrie besetzt. Dieser war verwickelt in einen Kidnap-Plan des jungen King James VI, Sohn von Mary, Königin der Schotten. Der Plan gelang für einige Zeit, so dass James VI fast ein Jahr in dieser Burg gefangen gehalten wurde. Das Motiv, dadurch den König kontrollieren zu können, ging aber nicht ganz auf, denn James gelang die Flucht, vergab Gowrie zunächst zwar, aber als dieser später erneut versuchte, James zu stürzen, wurde Gowrie schließlich exekutiert.
Scone Palace wollte ich mir als nächstes anschauen. Es soll ein wundervolles gotisches Gebäude aus rotem Sandstein sein. Die Könige Schottlands wurden dort gekrönt. Aber auch dies war zu dieser Jahreszeit leider geschlossen.
Was definitiv nicht geschlossen hatte, war Birnam Wood.

Auf einem 5,5 Kilometer langen Trekk kann man diesen durchqueren. Einen davon bin ich gegangen – es regnete gerade nicht -, aber meine Motivation, heute einen Wald-Trekk anzugehen, war nicht sonderlich groß, zumal ich sowieso noch ins Fitnessstudio und mich richtig austoben wollte. Übrigens, bewegt hat sich im Wald nichts. Weder der Wald selbst noch sind mir Menschen begegnet. Auch keine Hexen, die überdies sowieso nur auf den windigen Feldern auftauchen („When shall we three meet again?“ – „In thunder, lightning or in rain?“ – Bei diesen Zeilen tun sich mittlerweile ganz neue Interpretationsmöglichkeiten auf!).
Mein ursprünglich angepeiltes Studio in der Nähe von Aberfeldy teilte mir heute Morgen per Mail mit, dass sie leider über die Feiertage geschlossen hätten. What a fail, dachte ich bei mir, denn ich hatte schon auf deren weekly membership gegeiert (15 Pfund – ein Schnäppchen!). Eine Alternative musste her. Dank google maps war diese innerhalb weniger Klicks gefunden. Ich löste einen children day-pass im Hilton in Dunkeld. Ja, children day-pass. Für läppische 5 Pfund – da ist das Fitness First in SOA im Vergleich ja mal gar kein Schnäppchen mehr. 😉 Ich sagte der netten Dame am Empfang, dass ich weder an der Sauna, noch am Schwimmbad interessiert sei, sondern dass ich lediglich eine starke Stunde auf das Laufband wolle.

Kleine Laufband-Anekdote an dieser Stelle: Innerhalb der ersten zwanzig Minuten dämmerte mir, dass irgendetwas nicht stimmte. Dass das Laufband anstelle von Kilometer pro Stunde miles per hour anzeigte, war mir klar. Was mir allerdings nicht klar war, war die Umrechnung. Und, die Mathefüchse da draußen mögen sich jetzt totlachen, aber selbst wenn ich die Umrechnung gewusst hätte, hätte ich sie sicherlich nicht im Kopf auf dem Laufband ausrechnen können (manchmal frage ich mich echt, wie sie mir ein Abitur geben konnten 😀 😀 ). Ergo, ich hatte zwar (natürlich) eine zahlenmäßig geringere Geschwindigkeit als Zuhause eingestellt, aber dass weder bei der Geschwindigkeit des durchschnittlichen Laufens noch an der Geschwindigkeit des Intervalls etwas nicht stimmen konnte, spürte ich nach dem zweiten Intervall. Zumindest schwitzte ich mehr. Nach dem dritten Intervall checkte ich meinen Puls – bisschen höher heute. Mmmhhh… Und als ich dann nach dem vierten Intervall die Steigung um ein paar Prozent erhöhte, dachte, dass ich gleich tot umfallen würde oder zumindest mal nah dran war, gleich am Spiegel hinter mir einzuschlagen. Spätestens jetzt musste eigentlich auch dem letzten Depp bewusst geworden sein, dass das nicht der normalen Geschwindigkeit entspricht. Aber, wer mich kennt, weiß allzu gut, interessiert mich nicht. Gedanken kann ich mir dazu immer noch hinterher machen. Das Ding wird jetzt durchgezogen. Zumal ich eh schon bei fünfzig Minuten war – da kam es auf die letzten 15 nun auch nicht mehr an.

Dunkeld lag circa dreißig Minuten vom cottage bei Aberfeldy entfernt. Auf dem Weg dorthin entdeckte ich nicht nur die Highlands Chocolaterie (die bekommt sicherlich am Boxing Day einen Besuch von mir), sondern auch eine süße kleine St. Mary’s Church, in welcher ich noch mein Kerzchen anzünden konnte.

Perthshire

Schließlich wurde es dann aber doch ein wenig hektisch, denn so ganz problemlos fand ich das cottage nicht. Ich war auf die Wegbeschreibung eines Schotten angewiesen – da hier weit und breit nichts ist (die beiden Häuser, die hier stehen, das, in dem ich mich befinde und das des Besitzers, sind die einzigen im Umkreis von mindestens 2 Kilometern, Aberfeldy, also die Zivilisation, dürfte so dreißig Minuten von hier weg sein. Als ich es schließlich fand, empfing mich der Besitzer mit den Worten: „Nice that you found no-man’s-land. Be prepared that your mobile phone isn’t going to work at all. But the wifi is good.“ So ganz nachvollziehen, was er da sagte, konnte ich es noch nicht – erst später, als ich realisierte, dass ich tatsächlich kein Netz hatte. Nirgendwo. Aber, hey, das wifi ist echt gut. Die Übergabe im cottage lief reibungslos, alles war vom Besitzer vorbereitet, sogar die Heizung war schon angeschaltet, so dass ich nur das Auto ausräumen, das Futter verstauen, meine Klamotten auspacken (ich bin ja nun eine Woche hier – ein ganz neues Gefühl) und schließlich mit den Essensvorbereitungen beginnen konnte.

Nach dem Terrorlauf hatte ich mir ein ausgiebiges Abendessen mehr als verdient: Muscheln, Karottensticks, Foccacia, dazu einen leckeren Weißwein, im Nachgang einen Blue Stilton mit Port-Orangen-Soße und getrockneten Cranberries und Nüssen und zum Abschluss ein paar kleine Pralinchen.

Ich war hergestellt und vor allem völlig entspannt, was mein abendliches Date anging: Während meine family gerade zusammen „Kevin allein Zuhaus“ schaute, klinkte ich mich über den Sat1-Livestream ein – Stereo-Kevin sozusagen. Gestört?! – Keinesfalls. Wäre ich Zuhause gewesen, hätten wir den bestimmt auch geschaut. Wahrscheinlich. Vielleicht. Oder wir hätten nett zusammen Gesellschaftsspiele gespielt. Langweilig?! – Oh, du kennst meine liebenswerte Familie nicht. Bei dem Spiel, an das ich gerade denke, kommt definitiv keine Langeweile auf – bei dem bewegt sich der Wald innerhalb kürzester Zeit, denn da fliegen die Bäumchen binnen weniger Minuten quer über’s Spielbrett und durch das Haus. Bruder und ich – zurückversetzt in ihre Kindheit. Abgründe tun sich da auf, sag‘ ich, Abgründe. 😉

In der Hoffnung, dass alle lieben Leser einen mindestens ebenso ruhigen, entspannten und erfüllten Weihnachtsabend hatten, wünsche ich euch noch ein paar besinnliche Weihnachtstage. Genießt die Zeit mit eurer Familie und habt euch lieb!

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