Die Mayaruinen von Copan – mehr als nur ein Haufen alter Steine!
Die Maya in Mittelamerika
Überall verteilt in Yucatan (Chichen Itza (1), Kabah, Uxmal (3), Coba (9) oder Tulum (6)), Belize (8 und 10), im Norden Guatemalas (Tikal, Yaxha, El Mirador, Nakbe) und Honduras (7) kannst du sie finden: Die riesigen Tempelanlagen der Maya, ein Volk, das zu seiner Blütezeit aus bis zu 20 Millionen Menschen bestand. Hochintelligent waren sie: Sie bauten Kanäle, kannten sich sehr gut mit Pflanzen aus, entwickelten einen bemerkenswerten Kalender, um in der Lage zu sein, Uhrzeiten und Tage zu berechnen und sie waren perfekte Architekten und Bildhauer. Denn nicht nur gelang es ihnen, aufgrund der damals verfügbaren Möglichkeiten, riesige Bauwerke perfekt in bestimmte Winkel zu setzen, sie waren auch in der Lage, ihre Geschichte und wesentliche Ereignisse durch Steine (Stelen) aufzuzeichnen.
Um 800 nach Christus jedoch erfuhr die Kultur einen langsamen Niedergang, denn Hungersnöte, Kriege und vor allem klimatische Veränderungen führten binnen weniger Jahre nach der Blütezeit zu einem raschen Niedergang und schließlich einem endgültigen Auslöschen der Mayakultur. Spätestens als die Spanier dann im 16. Jahrhundert auf den Kontinent kamen, wurden schließlich die verbleibenden Könige und Priester ermordet und nahezu alle – vier sollen noch existieren – Bücher verbrannt.
Die Maya in Copan
Die Mayaruine in Copan wurde vor allem während der klassischen Periode zu einer der bedeutendsten Mayastätten Mittelamerikas. Während ihres Höhepunktes im 9. Jahrhundert beherbergte sie bis zu 20.000 Menschen. Wenn man bedenkt, wie nah Copan an der Grenze zu Guatemala liegt (es sind 12 Kilometer!), grenzt es schon fast an ein Wunder, dass diese Stätte Honduras zugeschrieben werden kann.
Das Gelände der Mayaruine von Copan
Einschließlich des ursprünglich bewohnten Areals besteht die Mayaruine in Copan aus einer Gesamtfläche von 100 Hektar. Im Vergleich dazu: Ein Tennisplatz inklusive Auslauffläche hat knapp 700 Quadratmeter. 22 Hektar davon gehen dabei allein für die riesigen Tempelanlagen, die zwei großen Pyramiden, Stufen, Plätze und den Ballspielplatz drauf. Der Großteil dieser Bauwerke befindet sich auf der großen Plattform, die heute Acropolis genannt wird und damals das archäologische Zentrum der Mayastätte darstellte.
Die Mayaruinen von Copan – meeh?!
Sonderlich spektakulär und wirklich besonders klingt das aber alles nicht, oder?! Alte Steine halt! In diesem Fall sogar richtig richtig alte Steine, denn das Ende der Mayazeit in Copan wird auf circa 822 geschätzt.
Wirklich spektakulär, um nicht zu sagen absolut einzigartig, werden die Mayaruinen von Copan (Ticket inkl. Museum HNL 507, circa 18 Euro) dann, wenn du den Hintergrund dazu kennst. Aber der Reihe nach…
Der große Platz der Mayaruinen von Copan
Folgst du dem Fußweg zum Areal, auf welchem sich die Mayaruinen von Copan befinden, musst du zunächst einige hundert Meter durch den Wald laufen. Der Spaziergang ist kaum anspruchsvoll. Begleitet wird er von dem Gekreische der Macaw und anderen Vögeln, die sich in den riesigen Bäumen aufhalten. Mit etwas Glück laufen dir auch ein paar Truthähne über den Weg.
Fun Fact an der Stelle: Truthahn war die Proteinquelle der Mayas in der damaligen Zeit.
Wenn du nun, nachdem du beim großen Platz angelangt bist, sofort eine Pyramide erwartest, die über der ganzen Anlage thront, wie dies beispielsweise in Uxmal oder Chichen Itza der Fall ist, wirst du enttäuscht werden. Die Mayastätte in Copan ist nämlich um einiges älter als die Mayastätten in Yucatan und besitzt daher eine ganz andere Bauweise.
Was also rechter Hand zunächst nur nach ein paar riesigen Bäumen mit ein paar halb zerstörten Bauwerken und rechts nach ein paar Statuen ohne größere Bedeutung aussieht, täuscht jedoch. Denn das, was du aus dieser Position sehen kannst, sind mehrere Jahrzehnte vereint auf einem Platz. Mehrere Dynastien haben sich hier verewigt.
Der Ballspielplatz der Mayaruine von Copan
Da ist zum einen der Ballspielplatz. Anhand der drei aus Stein geschlagenen Macaw-Köpfe erkennst du, dass drei Herrscher an diesem Ballspielplatz gearbeitet hatten und diesen jeweils immer weiter vergrößerten, indem sie wortwörtlich auf den Bau des jeweiligen Vorgängers gebaut haben.
Was passiert eigentlich auf solch einem Ballspielplatz?
Diese Frage habe ich mir auch gestellt, zumal mir aufgefallen war, dass der Zwischenraum – rechts und links befinden sich ja eine Art Tribüne – weitaus schmaler ist als ich dies bei Chichen Itza in Erinnerung hatte. Der Ballspielraum stellte für die Maya den Ort dar, an welchem sie unter anderem ihre Sonnentänze aufführten. Ein Ball stand hierbei für die Sonne.
In tanzähnlichen und fußballartigen Darbietungen versuchten die „Spieler“ den Ball in der Luft zu halten, indem sie ihn immer wieder mit Kopf, Füßen und ihrem Körper vor einem Aufschlag auf die Erde bewahrten. Denn – so der Glaube der Maya – würde der Ball auf die Erde knallen, wäre das gleichzusetzen mit der Sonne, die auf die Erde fällt und im Reich der Dunkelheit (unter der Erde) verschwindet. In jedem Fall war also die Sonne davor zu beschützen, abzustürzen. Die Tatsache, dass der Ballspielraum in der Mayaruine von Copan kleiner als Chichen Itza oder auch Coba ist, ist darauf zurückzuführen, dass die Tänze zu dieser Zeit noch ein paar andere waren – wahrscheinlich fokussierter auf ästhetische körperliche Bewegungen und weniger auf das Spiel mit dem Ball.
Die hieroglyphische Treppe
Gehst du schließlich weiter, gelangst du an eine steinerne Treppe. Vor der Sonne und vor allem vor dem Regen während der Regenzeit geschützt, befindet sie sich unter einem riesigen Verdeck. Fünf steinerne Figuren stehen in einer kerzengeraden Linie vor ihr. Architektur beherrschten die Maya – das kann man hier ganz problemlos feststellen.
Was nicht so leicht, eigentlich gar nicht, ersichtlich ist, ist Folgendes: Als das Carnegie Institut sich ab den 1930/40ern an die Ausgrabungen der Mayaruine von Copan machten, fanden sie hier natürlich keine intakte Treppe vor. Vielmehr war es so, dass all die Steine in einem riesen großen Haufen vor dem Hügel lagen. In mühevoller Kleinstarbeit machten sich die Archäologen daran, jeden einzelnen Stein zu fotografieren und setzten die Steine schließlich wahllos zurück an den Hügel, so dass sie einerseits nicht weiter der Witterung ausgesetzt waren und sich spätere Besucher ein Bild der ursprünglich vorhandenen Treppe machen konnten.
Anhand der Bilder versuchten sie schließlich die Botschaft der Treppe zu entschlüsseln, denn all die Bilder auf den Steinen mussten ja einen Sinn ergeben. Schließlich fanden sie heraus, dass sich unter der Steintreppe das Grab eines sehr beliebten Königs befand. Sein Nachfolger hatte diese Treppe für ihn bauen lassen. Und um dessen Vorfahren ebenfalls zu ehren, ließ er die vier Statuen vor der Treppe erstellen. Folgt man also dieser Linie, folgt man gleichzeitig der Herrscherlinie der Mayastätte.
Der Palast
Rechts neben der Treppe befindet sich über allem thronend sozusagen der Palast, von welcher Position aus der Herrscher einen perfekten Blick auf das ganze Areal hatte. Stehst du hier oben, stellst du schnell fest, dass die Stelen, die du auf der anderen Seite des großen Platzes ausmachen kannst, exakt auf der Höhe des Palastes befinden. Und zwar genau dort, wo ursprünglich einmal der Thron des Herrschers gestanden hatte.
Auf der Rückseite des Palastes befinden sich die Wohngebäude der Palastbewohner aus längst vergangenen Zeiten und noch ganz viele Steine der Kategorie „Gok“ – God only knows…
Die Stelen auf dem Entertainment- und Opferplatz
Auch die Stelen stammen aus den unterschiedlichsten Dynastien. Jeder Herrscher hat sich hier verewigt, jeder Herrscher besaß seine eigene. Und jede Stele zeichnet sich durch eine andere Verarbeitung aus und lässt eine andere Art der Darbietungen auf diesem Platz vermuten.
Da ist beispielsweise die Stele, vor welcher sich eine Art Schildkrötenpanzer befindet. Der Panzer steht symbolisch für die Unverwundbarkeit des Herrschers. Wirfst du aber einen genaueren Blick darauf, siehst du, dass sich dort eine Art Rinnsal befindet, welches entlang des Schildkrötenpanzers verläuft. Der Schildkrötenpanzer diente dem Herrscher daher offensichtlich dazu, den Göttern vor Publikum – dieses befand sich auf den Tribünen, die den Platz umgeben – Opfer darzubringen, indem erst sich selbst Blut abnahm und mit diesem das Becken des Schildkrötenpanzers füllte, welches dann wiederum entlang des Panzers lief.
Eine Stele übrigens – man neigt geradezu dazu, sie völlig zu übersehen, weil sie so wenig aussagekräftig ist – legt Zeugnis für den plötzlichen Untergang der Maya ab: Es ist ein Stein oberhalb des Ballspielplatzes. Auf einer Seite nur bemalt. Ansonsten sieht er eben aus wie ein Stein. Ein unfertiger Stein. Und genau das ist er auch. Denn das Ende dieser Dynastie kam überraschend und traf die Maya völlig unvorbereitet. So plötzlich, dass der Stein, der Denkmal des 17. Herrschers darstellen sollte, nicht mehr fertig gestellt werden konnte.
Die Tunnel der Mayaruinen von Copan
Und weil das ja alles noch nicht spektakulär genug ist, beschließe ich, in die Tunnel hineinzugehen. Dank der Tatsache, dass ich meinen private guide an diesem Tag dabei habe – Allan hatte über Jahre hinweg als Archäologe in der Mayaruine von Copan gearbeitet -, gelingt es uns, uns in die Tunnel „reinzuquatschen“, so dass ich verschont davon bleibe, die USD 30 extra dafür berappen zu müssen. Shame on us! 😉
All das, was ich zuvor über die Mayaruinen von Copan erfahren hatte, bestätigt sich mir in diesen Tunneln. Auch sie sehen spektakulär aus. Mit einem geschulten Auge erkennst du jedoch, dass die Tunnel aus mehreren Stockwerken bestehen. Und genau in diesen Stockwerken kannst du schließlich in aller Deutlichkeit auch hier wieder die Dynastien der Vergangenheit erkennen: Jeder Herrscher baute sein Stockwerk auf das bereits vorhandene Bauwerk.
Übrigens soll es angeblich so gewesen sein, dass sich die Herrscher deswegen der bestehenden Bauwerke bedienten, weil sie die Vermächtnisse ihrer Vorgänger nicht zerstören wollten.
Und solltest du nicht den Eintritt zu den Tunneln bezahlen wollen, empfehle ich dir unbedingt den Blick auf die Hinteransicht der Mayaruine: Wo sich vor Jahrzehnten noch Wasser und ein Fluss befunden hatte, ist zwischenzeitlich ein Weg, von welchem aus du die Rückseite der Ruinen und damit die unterschiedlichen Bauzustände der Vergangenheit bestaunen kannst.
Das Museum von Copan & der Rosalila Tempel
Und weil das immer noch nicht genug ist, besuche ich schließlich noch den Rosalila Tempel, eine sehr gut erhaltene Replik, welche die Archäologen auch bei ihren Ausgrabungen in einem exzellenten Zustand vorgefunden hatten. Dieser Tempel wurde nicht zerstört, sondern sozusagen in einer Zeremonie begraben. Die Zimmer, Nischen und Öffnungen wurden sorgfältig mit Matsch und Steinen aufgefüllt und der Tempel selbst in eine dicke Gipsschicht gehüllt, um die ursprüngliche Farbe zu schützen. Im Museum von Copan befindet sich die lebensgroße Kopie von Rosalila.
Die Mayaruinen von Copan – mein Fazit
Am Ende meines Besuches der Mayaruinen von Copan zwar ich völlig am Ende – ich musste meinen Besuch sogar zur Futteraufnahme unterbrechen, weil ich das Gefühl hatte, jeden Moment zu verhungern – aber es war einzigartig!
Die Mayaruinen von Copan sind alles: ein Zeugnis vergangener Mayakultur, überraschend, denn mit einer solchen Besichtigung und solchen Fakten hatte ich nicht gerechnet und total beeindruckend. Eines sind sie aber ganz sicher nicht: Nur ein Haufen alter Steine!
Blogbeiträge über Mayaruinen in Guatemala
El Ceibal und Aguateca – El Mirador – El Peru Waka – Iximche – Mixco Viejo – Quirigua – Tikal – Yaxha – Yaxchilan (ab Guatemala) – Zaculeu – Copan (Honduras)
Mayaruinen in Mexiko
Chichen Itza – Coba – Palenque – Teotihuacan – Tulum – Uxmal, Kabah, Sajil – Yaxchilan
Stefan
August 20, 2018 @ 10:59 am
Hallo Manu,
sehr interessant Dein ausführlicher Bericht über Copan. Hab ihn von vorne bis hinten gelesen, da ich auch bald dort sein werde. Bin schon wirklich gespannt:-)
LG
Stefan
PS: Die Sache mit dem Fernweh kann ich gut nachvollziehen, da sind wir sozusagen Leidensgenossen 🙂