Auf den Spuren der Römer: Pula und Land’s End am Kap Kamenjak
Morgens 8 Uhr in der Altstadt von Pula
Es ist kurz vor 8 Uhr, als ich aus meinem Hotel auschecke und die zwanzig Minuten in die Altstadt von Pula laufe. Punkt 8:15 Uhr spaziere ich durch den Torbogen (Arch of the Sergii) der Stadt und hinein in die Fußgängerzone. Die Läden? – Geschlossen! Die Cafés? – Geschlossen! Menschen auf der Straße? – Fehlanzeige! Freitagmorgen, 8:30 Uhr und die Fußgängerzone gleicht einer Geisterstadt.
Ich passiere den Augustus Tempel, ein wahrhaft majestätischer Tempel, der aus dem 2. Jahrhundert vor Christus stammt. Die gute alte Römerzeit. Und á propos Rom, es sieht hier tatsächlich aus wie in Rom. Wie sehr – das werde ich aber erst in einer halben Stunde so richtig realisieren.
Fußgängerzone Pula
Ich laufe der Fußgängerzone weiter entlang, sehe die Zerostraße, die Kathedrale (Katedrala Uznesenja Blazene) und das House of Istrian Olive Oil und schließlich bietet sich mir die wahrscheinlich letzte Möglichkeit, einen Aufgang zu einer Burg zu machen. Burg?! – Ernsthaft jetzt?!
Die Burg von Pula
Ganz ehrlich, ich will keine Burg mehr besichtigen! Ich kann keine Burg mehr sehen! Mit Burg kannst du mich in den nächsten Wochen wirklich jagen! Es gibt nur zwei Argumente, die dafür sprechen, heute Morgen erneut einen Burgaufgang hinter mich zu bringen: 1. auf meiner nächsten Reise im Dezember werde ich 100% – ach was sage ich, 1000% – keine einzige Burg zu sehen bekommen und 2. ich habe ein bisschen die Hoffnung, dass man von hier oben das Amphitheater sehen kann.
Also los! Rauf da!
Als ich oben ankomme, ist mir zwar warm, aber auf den Blättern der Pflanzen, die um das Schloss herum wachsen, liegt noch der Tau des frühen Morgens. Die Sonnenstrahlen haben es noch nicht so richtig durch die Wolken geschafft und ein Nebel hängt über der Stadt.
Aber: Ich kann das Amphitheater sehen!
Kleiner Tipp: Um das Amphitheater zu sehen, musst du kein Ticket für das Schloss (20 Kuna, 2,60 Euro) lösen, sondern kannst einfach gegen den Uhrzeigersinn auf dem Trampelpfad um das Schloss herum laufen. Über die Steine auf der anderen Seite des Schlosshügels kannst du dann in das Wohngebiet hinunterkraxeln und kommst durch ein paar kleinere Gässchen auf die große Straße, die direkt zum Amphitheater führt. Keine Sorge, verlaufen wirst du dich nicht, denn immer wenn du dich fragst, ob du noch in die richtige Richtung läufst, wird ein kleiner Blick auf das Amphitheater freigegeben und du weißt, dass du auf dem richtigen Weg bist.
Das Amphitheater in Pula – eine Aktion der Kategorie „Mehr Glück als Verstand“
Es ist 08:58 Uhr, als ich den Eingangsbereich des Amphitheaters betrete. Öffnungszeit: 9 Uhr! Ich löse direkt mein Ticket (60 Kuna) und betrete das Colosseum! Ich blicke nach rechts. Ich blicke nach links. Meine Augen suchen die oberen Emporen ab. Ich drehe mich um. Ich blinzle ungläubig… und dann breitet sich ein fettes Grinsen auf meinem Gesicht aus.
Das Colosseum ist menschenleer. Außer dem Angestellten, der hinter mir – und damit weit weg – am Ticketschalter steht und Tickets verkauft (oder eben auch nicht), ist hier weit und breit niemand!
Ich lege meine Handtasche und meine Jacke auf den Steinen ab. Mit meiner Kamera und meinem Handy bewaffnet laufe ich durch den Innenbereich des Colosseums. Ich schicke meiner Mum ein Selfie: „Colosseum: tourifrei.“
Unweigerlich muss ich an die Möwen bei „Findet Nemo“ denken: Meins! Meins! Meins!
Tschüss Pula – hallo Kap Kamenjak
Gegen 10 Uhr sitze ich in meinem Auto und fahre weiter Richtung Süden. Mein nächstes Ziel: Kap Kamenjak, die südlichste Spitze der Halbinsel Istrien.
Von Pula aus brauche ich knapp 30 Minuten zum Eingang. Schon einige Meter vor der Schrank zum Kap wird durch Schilder angekündigt, dass bei der Zufahrt ein Parkticket zu lösen ist. Och menno!
Aber, auf die off season ist einfach Verlass. Als ich vor der Schranke stehe, öffnet sich diese automatisch. Ich blicke etwas verwundert in das Kassenhäuschen und stelle fest: Da sitzt ja gar niemand. Statt dessen klebt ein großer Zettel am Fenster: „From 1st October, entry is free for all vehicles. Gate opens automatically.“ Tschakaa!
Und so kommt es wie es kommen musste – du ahnst es wahrscheinlich schon: Ich habe auch das Kap Kamenjak ganz für mich alleine.
Lediglich ein paar Boote wiegen auf dem Meer. Fischernetze verrotten in ihren Kisten. Ein Reier beobachtet mich von einem kleinen Boot aus. Ein paar Katzen schleichen durch die Büsche.
Und während ich so auf der Kaimauer sitze und auf das Meer hinaus blicke, denke ich unweigerlich an Streleckys „Das Café am Rande der Welt“: Als John durch Zufall und psychisch und physisch völlig zerstört an das Café am Rande der Welt kommt, stehen auf der Speisekarte des Cafés drei Fragen: Warum bist du hier? Hast du Angst vor dem Tod? Führst du ein erfülltes Leben? Die drei Fragen nach dem Sinn seines Lebens führen ihn weg von seinem alltäglichen Leben an die Küste von Hawaii.
Ich bin zwar gerade nicht auf einer Insel mitten im Pazifischen Ozean, aber an der südlichsten Spitze der Halbinsel Istriens. Warum bin ich hier… ?
Überblick über die einzelnen Reisestationen:
Slowenien: Maribor – Ljubljana – Der slowenische Herbst: Ein Fotospaziergang – Bled: Vintgarklamm / Burg Bled und Bleder See – Bohinj: See und Savica Wasserfall – Kobarid: Kozjak Wasserfall und Soca Fluss – Bovec – Rund um Postojna: Postojna Cave, Predjama Burg und Lipica – Piran
Kroatien: Istrien: Groznjan / Porec & Rovinj / Pula & Kap Kamenjak – Insel Krk – Plitvicer Seen – Auf den Spuren Winnetous: Tulove Grede und Zrmanja Plateau – Zadar – Trogir – Split – Zagreb – Blogparade: Kroatien & Slowenien in Buchtiteln