Trekk auf Vulkan San Pedro in Guatemala – wenn aus 800 Hm über 1000 werden!
Über die Vulkane in Guatemala
Das kleine Land in Mittelamerika ist bekannt als das Land der zahlreichen Mayastätte – von Tikal und El Mirador hast du sicherlich schon einmal gehört. Vielleicht ist dir der Name Nakbe auch schon einmal begegnet. Abgesehen von dem absolut traumhaften Lake Atitlan, der zauberhaften Stadt Antigua aus der Kolonialzeit, zwei Ozeanen – dem Atlantik und dem Pazifik – ist Guatemala auch das Land der Vulkane.
In der ganzen Region ist Guatemala das Land mit den meisten Vulkanen. 37 Vulkane befinden sich hier auf drei tektonischen Platten. Und so ist es nicht verwunderlich, dass drei der Vulkane – Fuego, Pacaya und Santiago – nach wie vor aktiv sind, es immer mal wieder ein bisschen mehr und ein bisschen weniger rumpelt oder sie sich selbst einsauen. 2018 war in Bezug auf die Vulkane in Guatemala sicherlich das ereignisreichste Jahr: Allem voran war hierbei natürlich der Ausbruch des Fuego im Juni 2018, gefolgt von weiteren Ausbrüchen, Erdbeben und mehreren Ausbrüchen des Pacaya. Heute möchte ich aber nicht Naturkatastrophen zum Thema machen, sondern über meinen Trekk auf Vulkan San Pedro berichten.
Der Vulkan San Pedro in Guatemala
Der Vulkan San Pedro liegt am Lago Atitlán. Schon wenn du aus den Bergen kommst, spätestens jedoch von der anderen Seite des Sees, von Panajachel aus, kannst du den Vulkan San Pedro erkennen, denn mit seinen 3.020 Metern Höhe ist er alles andere als übersehbar. Seit über Hundert Jahren soll er ruhen und angeblich auch nicht zu den Vulkanen gehören, die die besondere Gabe besitzen, sich nach langer Zeit des Schlafens wieder zu aktivieren.
Übrigens, San Pedros Nachbar-Vulkane sind Vulkan Toliman (3.158 Meter) und Vulkan Atitlán (3.535 Meter). Bevor du – aber das nur am Rande – in Erwägung ziehst, den Atitlan zu besteigen, gebe ich dir den Rat, doch eher den Acatenango zu erklimmen! Soo, jetzt geht’s dann aber mal los!
Mein Trekk auf Vulkan San Pedro in Guatemala
800 Höhenmeter – haben sie gesagt!
4 Stunden Aufstieg – haben sie gesagt!
Du schaffst es vielleicht auch in 3,5 Stunden – haben sie gesagt!
Und weil ich am Wochenende keine Lust auf Strand, keine Lust auf Antigua und am allerwenigsten Lust auf in der Stadt bleiben hatte, handelte es sich bei diesem Wochenende doch um mein letztes korrekturfreies Wochenende für lange Zeit, beschließe ich spontan, mein Wochenende am Lago Atitlán zu verbringen und einen Trekk auf den Vulkan San Pedro zu machen.
Samstags morgens nach dem Frühstück mal schnell einen Vulkan besteigen?! – Kann man ja mal machen!
Vorbereitet war ich natürlich nicht – weder auf den Kerzenständer noch auf die Höhenmeter, denn dass diese mir gegenüber formulierte Rechnung so gar nicht aufging, dämmerte mir erst später…
Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt
Kurz nachdem ich am späten Freitagnachmittag in meine Unterkunft eingecheckt habe, meinen Blick über den traumhaften Lago Atitlán schweifen lasse, schnell nach meiner Kamera greife, um diesen Moment für die Ewigkeit einzufangen, übersehe ich den Kerzenständer, der sich direkt neben mir befindet. Er fällt. Er fällt direkt auf meinen Fußzeh.
Und während ich kleine goldene Sternchen vor meinem inneren Auge sehe und vor Schmerz nicht einmal mehr schreien kann, denke ich nur: Das darf nicht wahr sein! Nicht heute! Nicht vor meinem Trekk auf den Vulkan San Pedro.
Ich traue mich kaum, den Kerzenständer von meinem Fuß zu nehmen. Es fühlt sich an, als hätte mir die Kante den Fußzeh abgetrennt. Erkennen kann ich nichts. Der Fußzeh ist bereits Sekunden später in Blut getränkt. Ich warte. Ich warte darauf, dass ich in der Lage bin, ein paar Schritte zu gehen. Badezimmer. Dusche. Die wenigen Wassertropfen aus dem Duschstrahl tun höllisch weh. Der Fußnagel ist durch. Mittig. An einer Ecke des Fußzehs hängt er noch fest.
Ich versuche, den Nagel zu entfernen. Ein Gefühl von tausend Nadelstichen macht sich in meinem Zeh breit. Ich fühle mich außer Stande den Nagel restlos zu entfernen. Ich weiß aber allzu gut, dass er da heute noch weg muss. Ich weiche meinen Fuß in Wasser ein. Ich hoffe, dass ich den Nagel dann entfernen kann. Ich sitze auf dem Duschrand. Und warte. Mein Zeh pocht. Fuck! Warum heute?
Eine WhatsApp-Nachricht meiner Kollegin erreicht mich. „Na, wie isses am See?“ „Traumhaft.“ Ich erzähle ihr von meinem Fußzeh. Während ich sehe, dass sie schreibt, betrachte ich meinen Zeh. Pochen. Gott, sieht das scheiße aus. „Ein Zeichen?“ Ungläubig schaue ich die Nachricht an. Fassungslos schreibe ich zurück: „Ein Zeichen?! Neee! Niemals!“ „Klar, Manuela K hält nichts und niemand auf! :-D“ Recht hat sie! Es reicht jetzt mit der Pienzerei! Mit Daumen und Zeigefinger greife ich den abstehenden Fußnagel, schließe die Augen, beiße mir auf die Lippe, atme tief ein, halte die Luft an – und ziehe ihn raus.
Mein individueller Trekk auf Vulkan San Pedro
Es ist 6 Uhr, als ich mein Frühstück in meiner Unterkunft einnehme. Plantains! Yummy! Scheiß auf die Kalorien und rein damit! Pulsuhr anlegen, Rucksack packen, Tuk Tuk bestellen. Los geht’s!
Um 6:45 Uhr starte ich am Eingang des Nationalparks meinen ganz individuellen Trekk auf den Vulkan San Pedro. Was auf den ersten Metern noch aussieht wie ein super gemütlicher, nahezu ebenerdiger Spaziergang, wird jedoch bald abgelöst von Trampelpfaden durch Maisfelder, Waldboden, Felsen.
Ab und an bin ich dankbar für die knallgelben Pfeile, die auf die Felsen gemalt sind, denn einen Weg erkenne ich teilweise nicht. Nach den ersten lockeren zehn Gehminuten steigt der Weg gemächlich an. Immer noch in Ordnung, denke ich mir.
Könnte so weitergehen, denke ich mir. Wird es nicht, singt eine warnende Stimme in meinem Kopf. Ich konzentriere mich darauf, langsam zu laufen, um in einen Rhythmus zu kommen, um meine Energie nicht gleich am Anfang rauszuhauen. Vier Stunden können lang werden.
Und dann geht es plötzlich hoch. Ab und an muss ich mich an den Baumstämmen festhalten und mich an ihnen abstützen oder hochziehen. Ab und an verliere ich beim Balancieren auf den Wurzeln auf dem Boden mein Gleichgewicht. Bei diesen Unebenheiten in einen Rhythmus kommen?! – Völlig undenkbar.
Nach zwanzig Minuten erreiche ich ein Schild, auf welchem „2000 MSNM“ steht. Ungläubig betrachte ich das Schild. Ich laufe seit einigen Minuten nur aufwärts. San Pedro liegt auf 3.020 Metern. Der Trekk auf Vulkan San Pedro soll ein gemütlicher von 800 Höhenmetern sein.
Wenn ich mich jetzt erst auf 2.000 Metern befinde, bedeutet das, dass noch über 1.000 Höhenmeter vor mir liegen. Das bedeutet auch, dass ich mit vier Stunden Aufstieg wahrscheinlich nicht hinkomme. Und es bedeutet, dass ich noch mehr darauf achten muss, mir meine Energie einzuteilen.
Neun Minuten später erreiche ich das 2.100 Meter Schild. Wenn es in dem Tempo weitergehen kann, wundervoll. Wird es aber nicht. Natürlich nicht.
Bis ich die 2.400 Meter erreiche, vergeht fast eine Stunde. Waldweg vom Feinsten. Wurzeln. Baumstämme. Einen Rhythmus habe ich nach wie vor nicht gefunden. Und ich schwitze. Ich schwitze wie ein Schwein.
Auf 2.600 Metern spüre ich dann auch meinen Fußzeh nicht mehr. Um ehrlich zu sein, spüre ich gar nichts mehr. Ich will nur noch, dass es vorbei ist. Ein Guide begegnet mir. Er ist mit einer Gruppe amerikanischer Touristen unterwegs und hat sie abgehängt. Wir kommen ins Gespräch. Er prognostiziert mir eine weitere Stunde des Aufstieges. Unter den schattigen Bäumen wird mir langsam kalt.
Und nach drei Stunden und zehn Minuten traue ich meinen Augen kaum, als ich realisiere, dass ich oben angekommen bin. Ich setze mich an den Rand der Felsen, die sich auf dem Gipfel befinden.
Vor meinen Füßen geht es steil bergab. Wie tief es wirklich runter geht, sehe ich nicht. Ich sehe nur Büsche und Bäume.
Und vor mir sehe ich den riesigen Lago Atitlán. Ruhig. Nahezu unberührt. Aus dieser Entfernung. Und als ich meinen Blick schweifen lasse, sehe ich den Vulkan Toliman und den Vulkan Atitlan direkt gegenüber von mir.
Aber was ist das für eine Spitze hinter Toliman? – Ich kann mein Glück kaum fassen: Es ist zwar durchaus diesig hier oben, aber dennoch sehe ich die Spitze des Acatenango hinter Toliman. Welch eine Entfernung! Welch ein Blick! Welch ein Land!
Fast eine Stunde sitze ich nahezu regungslos auf meinem Felsen am Abgrund und starre wie gebannt auf die Landschaft, die sich vor mir ausbreitet.
Gettin‘ down…
Mein Abstieg dauert zwei starke Stunden. Ich hatte mit weitaus weniger gerechnet. Aber ich hatte die Rechnung ohne die vielen Unebenheiten gemacht. Und ohne meine Oberschenkel. Denn meine Oberschenkelmuskulatur verkrampft sich bereits jetzt schon ordentlich und wir ist nur allzu klar: Die nächsten beiden Tage werden schmerzhaft werden!
Höchste Zeit für einen frühnachmittäglichen Ausklang in der Hängematte. Hunger habe ich noch keinen. Ich sehne mich nach einer eiskalten Coke Zero. Gibt’s nicht – wegen: Fijese que, no hay Coke Zero! (Es gibt leider keine Coke Zero)
Das Abendessen enttäuscht jedoch nicht. Geduscht, gestärkt und bereits in einem entenhaften Watschelgang schlafe ich in dieser Nacht den Schlaf der Toten!
Wissenswertes für deinen Trekk auf San Pedro
Der Nationalpark zum Vulkan öffnet offiziell um 6 Uhr. Es ist aber auch möglich, mit einem Guide in der Nacht den Vulkan zu besteigen, um den Sonnenaufgang von dort oben zu sehen. Auf zwei Gründen kann ich dir dies nur bedingt empfehlen: Der Sonnenaufgang am Lago Atitlán ist zumindest während der Monate März, Juni bis August nicht besonders spektakulär. Zu anderen Monaten kann ich dir nichts sagen. Die beiden Jungs, denen ich während meines Aufstiegs begegnet bin, erzählten mir, dass sie echt Schiss beim Aufstieg hatten. Zurückzuführen sei dies allein auf die riesigen Unebenheiten des Geländes.
Aufgrund der Tatsache, dass der Nationalpark abgesperrt werden kann, ist es dort sicher.
Der Trekk auf den Vulkan San Pedro ist der einzige, den du in Guatemala wirklich problemlos ohne Guide machen kannst.
Ein Ticket für den Eintritt kostet Q100. Der Guide ist inklusive.
Zum Eingang des San Pedro gelangst du am besten mit einem Tuk Tuk aus San Pedro (Q15) oder San Juan La Laguna (Q20). Es ist theoretisch auch möglich, mit dem morgendlichen Boot von Panajachel (Q15) nach San Pedro zu schippern, aber ehrlich gesagt würde ich dir eine Übernachtung in San Pedro oder San Juan ans Herz legen, weil du es dann einfach entspannter hast.
Einen Trekk auf den Vulkan San Pedro solltest du in den frühen Morgenstunden beginnen und zwar aus zwei Gründen: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Wolken über dem Lago Atitlán gebildet haben, die eine wundervolle Sicht auf das Umland verhindern, ist geringer. Abgesehen davon ist es zwar so, dass du während einem Großteil deines Aufstieges durch den Wald laufen wirst, es gibt jedoch immer wieder Abschnitte, auf welchen du auf Trampelpfaden durch Maisfelder oder Kaffeeplantagen laufen wirst. In der Mittagshitze ist es dort nahezu unerträglich. Ich spürte diese Hitze bereits während meines Abstieges zwischen 10 und 11 Uhr.
Für deinen Trekk solltest du mindestens zwei Liter Wasser, Moskitospray, ein paar Snacks und vorsorglich eine Regenjacke einpacken und gute Trekkingschuhe tragen. Als Hose rate ich dir zu einer knöchellangen Lauf- oder Trekkinghose. Dir wird zwar aufgrund der Bewegung relativ schnell warm werden, aber du schützt mit der langen Hose deine Beine vor den Wurzeln, Baumstämmen und vor allem den Moskitos.
Es gibt auf dem Vulkan absolut nichts: Weder ein Café, noch einen Snackshop, noch Toiletten. Die einzige Toilette befindet sich am Eingang des Nationalparks. Und auch am Eingang zum Park gibt es nichts zu kaufen.
Alle Bilder und noch ein paar mehr, die hier nicht veröffentlicht wurden, findest du in der Bildergalerie zum Trekk auf Vulkan San Pedro. Außerdem habe ich auf meinem YouTube-Kanal ein Video mit den Highlights zusammengestellt.
[arve url=“https://youtu.be/Gv-WQNe-oFo“ align=“center“ /]
Interessierst du dich für eine Reise nach Guatemala? – Dann stöbere doch einmal auf meiner Guatemala-Seite. Oder suchst du nähere Informationen zu den Dörfern und Städten am Lago Atitlan? Hier findest du eine Übersicht der Dörfer und Städte, die ich bereits besucht habe:
San Lucas Toliman – Santiago Atitlan – San Pedro La Laguna – Besteigung des Vulkan San Pedro – San Juan La Laguna – Vlog: Trekk auf den Vulkan San Pedro – Panajachel – Tzununa – San Marcos La Laguna – Santa Cruz La Laguna – Die Qual der Wahl: Vergleich der Dörfer und Städte am Lago Atitlan – Wissenswertes: Lancha Fahren auf dem Lago Atitlan – Vlog: Impressionen der Dörfer und Städte am Lago Atitlan & Lancha fahren auf dem Atitlan See
Benötigst du Hilfe bei der Suche nach Transportmöglichkeiten an den Lago Atitlan? Möchtest du ein Shuttle von Guatemala Stadt/Antigua nach Panajachel oder eine Tour am Lago Atitlan buchen? – Auf meiner Viator-Seite habe ich dir ein paar Ideen zusammengestellt! Dort kannst du dich über Details informieren und direkt Touren buchen.
[arve url=“https://youtu.be/r_j9JKYzfSQ“ align=“center“ /]
Blogbeiträge zu Vulkanen und Vulkan-Trekking in Guatemala
Übersicht über Vulkane in Guatemala
Erfahrungsbericht: Trekk auf Acatenango – 11 Fragen und 11 Antworten für den Trekk auf Acatenango – Packliste für den Trekk auf Acatenango – Vlogs zum Trekk auf Acatenango: Teil 1: Vorbereitungen (YouTube-Video) / Teil 2: Trekk und Übernachtung im Base Camp (YouTube-Video)
Blogbeiträge über Vulkan Pacaya
Tagesausflug zum Vulkan Pacaya – Sonnenuntergang auf Vulkan Pacaya – Pizzaessen auf Vulkan Pacaya – Finca El Amate
Andere Vulkane in Guatemala
Cerro Quemado – Chicabal und Chicabal See – Ipala – San Pedro – Zunil/Santo Tomas