Blogparade: Die schönsten Fotospots der Welt – und die Realität dahinter
Blogparade: Die schönsten Fotospots der Welt – und die Realität dahinter
Biggi und Flo von Phototravellers haben zur Blogparade aufgerufen. Das Thema: „Die schönsten Fotospots – und die Realität dahinter“!
Wir alle kennen sie, die traumhaften Fotospots. Wundervolle Bilder. Super schöne Motive. Romantik pur. Absolute Idylle. Entspannung hoch zehn. Aber häufig sieht die Realität anders aus und häufig, verdammt häufig liegen Erwartung und Realität meilenweit auseinander.
Sieh‘ selbst, wie die Realität an den folgenden 9 Fotospots aussieht.
#1: Jerash in Jordanien
Die meisten Touristenattraktionen in Jordanien öffneten entweder um 8 oder 9 Uhr. Der Großteil der Busse, die die Touristen abholt, fährt nach dem Frühstück, so dass die Touris noch in Ruhe ihr Frühstück vor ihrem Ausflug einnehmen können. Ich bin sehr früh an diesem Morgen in meiner Unterkunft aufgebrochen und konnte direkt um 8 Uhr dieses Foto vom Eingang von Jerash schießen. Eineinhalb Stunden später sah es dort schon ganz anders aus.
#2: Plitvicer Seen in Kroatien
Schon in meiner Überschrift zu meinem Beitrag über die Plitvicer Seen stellte ich die Frage „Schatz oder Touri-Hölle?“ Denn von Natur pur und einsamer Idylle kann bei den Plitvicer Seen nicht die Rede sein. Allein bist du hier nämlich ganz ganz sicher nicht. Kein Wunder – die Plitvicer Seen sind das Naturschauspiel schlechthin in Kroatien!
#3 Postojna Cave in Slowenien
Bei der Postojna Höhle handelt es sich angeblich um die zweitgrößte Tropfsteinhöhle weltweit. Die größte befindet sich im Libanon. Ein riesiges Areal von 24 Kilometer langen Gängen und Tunnelsystemen, bei dem du zeitweise sogar im Züglein durch die Höhle kutschiert wirst. Ganz bizarre Formationen findest du hier und kommst aus dem Staunen nicht mehr heraus. Alleine bist du dabei jedoch in keinem Fall.
#4 Mayaruine Coba, Yucatan
Die Mayaruine Coba wird auf TripAdvisor mit circa 70% als ausgezeichnet bewertet, als “einfach super”, “super geil” und als eine “schöne weitläufige Anlage” beschrieben, die man “unbedingt mitnehmen” muss, weil es einfach ein “tolles Erlebnis” ist und “noch ganz in der Natur” liegt. Kein Wunder, dass auch ich nach diesen vielversprechenden Bewertungen große Erwartungen habe und davon ausgehe, etwas verpasst zu haben, würde ich die Mayaruine Coba nicht auf meinem Roadtrip durch Yucatan noch besuchen.
Ich war zuerst überrascht, wie wenig Menschen ich tatsächlich begegnete, als ich zunächst zu den kleineren, verfallenen Gebäuden des Areals weiter lief und eben nicht sofort Richtung Pyramide abbog, denn ich hatte die sich dort befindlichen Ruinen tatsächlich komplett für mich alleine.
Als ich mich jedoch schließlich Richtung Pyramide begab, hörte ich bereits 300 Meter vor der Pyramide das Gekreische der Besucher und war schließlich entsetzt, was sich dort auf der Pyramide abspielte. Ein paar Stufen stieg ich hinauf, nicht um den Ausblick auf das Areal zu genießen, sondern um dieses Gewusel für die Ewigkeit festzuhalten.
Ganz hoch traute ich mich nicht. Nicht wegen der steilen Stufen oder der Höhe der Pyramide, sondern wegen der vielen Menschen, die dort alles andere als gekonnt auf der Pyramide herumkletterten.
#5 Cerro de Santa Ana in Guayaquil, Ecuador
Nicht immer jedoch werden bei zahlreichen schönen Bildern die Menschenmassen ausgeblendet. Sehr häufig auch der Dreck. So geschehen auf meinem Aufstieg zum Leuchtturm von Guayaquil. Von dort oben soll man einen traumhaften Blick auf die Skyline der Stadt und das Meer haben. Hat man auch.
Wenn man allerdings in einem kleinen Gässchen falsch abbiegt und nicht den für Touristen empfohlenen Weg geht, zeigt der Blick nach unten etwas anderes…
#6 Quito, Ecuador
Guayaquil ist natürlich kein besonderes Phänomen und bildet schon gar keine Ausnahme. In den häufigsten Fällen ist es doch so, dass die jeweilige Stadt bzw. der jeweilige Touri-Hotspot versucht, die sehr frequentierten Orte sauber zu halten, so dass sich Touristen und Besucher dort wohl fühlen.
Und sehr häufig ist es leider auch so, dass du ein paar Ecken weiter das exakte Gegenteil vorfindest. Ein Beispiel hierfür ist Quito in Ecuador: Während der Plaza Mayor absolut einladend aussieht und man dort allzu gerne in der Sonne einen Kaffee trinken möchte, sieht es keine einhundert Meter vom Platz entfernt ganz ganz anders aus.
#7 Die historische Altstadt von Guatemala Stadt, Guatemala
Sightseeing ist in Guatemala Stadt gerade in Zona 1 eigentlich überhaupt kein Problem! Warum? – Weil es auf dem Plaza Concepcion Security und Polizei ohne Ende gibt. Bei meinem letzten Besuch der Altstadt konnte ich daher nicht nur einen leckeren coffee to go in der Sonne und unter freiem Himmel genießen, sondern zählte auch über 20 Polizisten, die allein um und auf dem Platz positioniert waren.
Securitymaßnahmen beim Sightseeing und Polizei auf Touri-Bildern? – Sehen leider nicht schön aus und lässt man auf Erinnerungsfotos lieber weg!
#8 Insel Amantani, Titikaka See, Peru
Neben nicht gezeigtem Massentourismus, ausgeblendetem Dreck und unschönen, aber notwendigen Sicherheitsmaßnahmen zeigen die schönsten Fotospots der Welt häufig ein weiteres Details ebenfalls nicht: Die damit verbundenen klimatischen Verhältnisse.
Um von der Insel Amantani, die ja schon auf über 3.800 Metern liegt, den Sonnenuntergang bestaunen zu können, begab ich mich auf den Gipfel der Insel, welcher auf 4.200 Metern liegt. Der Aufstieg war aufgrund der noch vorhandenen Sonne erträglich. Aber nachdem die Sonne untergegangen war, war ich dankbar für meinen vierschichtigen (!) Zwiebellook, meine Handschuhe und meine Mütze, denn nach Sonnenuntergang war es dort oben aufgrund der Kälte im Juni kaum mehr auszuhalten.
Davon dass ich eiskalte Füße und Hände hatte, bis auf die Knochen gefroren hatte und eine große Portion Pisco Sour brauchte, um auch nur in Ansätzen wieder warm zu werden, siehst du auf diesem Bild jedoch nichts!
#9 Huayna Picchu, Peru
Zuguterletzt sei anzumerken, dass auch die körperliche Verfassung auf Reisebildern sehr gerne ausgeklammert und sozusagen „vergessen“ wird. Ein perfektes Beispiel hierfür ist meine Besteigung des Huayna Picchu (YouTube-Video). Huayna Picchu ist einer der beiden Felsen (rechts auf dem Bild), die du von Machu Picchu aus sehen kannst.
Täglich werden lediglich 400 Tickets für die Besteigung von Huayna Picchu verkauft. In zwei time slots – einer am frühen Vormittag und einer am Mittag – dürfen daher immer nur jeweils 200 Besucher auf den Berg, denn die sogenannten stairs of death sollte man aufgrund ihrer Gefährlichkeit nicht im Massentourismus und vor allem mit voller Konzentration und einer vorhandenen Grundfitness besteigen.
Was du auf meinem Gipfel-Bild nicht sehen kannst, ist die körperliche Erschöpfung, in welcher ich mich befinde und die bei all dem Adrenalin und der Freude über den Erfolg der Besteigung völlig untergeht. In der Realität war es nämlich so, dass ich zu diesem Zeitpunkt bereits einen Trekk von 4 Stunden hinter mir hatte: Um 03:50 Uhr ging der Wecker, um 04:30 Uhr machte ich mich von meiner Unterkunft auf zum Gate des Machu Picchu, welches um 5 Uhr öffnete.
Von dort aus ging es über Steine, Steintreppen, auf unwegsamen Pfaden und die erste Stunde bei noch völliger Dunkelheit 1,5 Stunden steil bergauf, so dass ich um 06:18 Uhr bei Machu Picchu angelangte. Nach einer kurzen Pause und meinem Besuch von Machu Picchu (YouTube-Video) musste ich mich dann auch bereits um 7:30 Uhr zu Huayna Picchu begeben, um meinen time slot einhalten zu können.
Von Konzentration bei meinem Abstieg von Huayna Picchu konnte nach der Aktion nun wahrlich nicht mehr die Rede sein.
Die schönsten Fotospots – expectation vs. reality
Ich möchte mit diesem Beitrag nicht jammern und am allerwenigsten möchte ich die Menschen verurteilen, die hier ja ebenso hergekommen sind wie ich, mich über Müll beschweren oder gar darüber, dass niemand dran gedacht hat, bei Huayna Picchu einen Fahrstuhl einzubauen. Ich bin dankbar dafür, das Privileg zu reisen zu besitzen, so dass ich all diese wunderbaren Orte besichtigen konnte.
Bei einem solltest du dir daher beim Reisen und beim Betrachten meiner Reisebilder immer bewusst sein: Gib‘ dich nicht der Illusion hin, dass ich die einzige Besucherin dort bin, dass es dort keine negativen Seiten gibt oder dass ich immer völlig unversehrt und entspannt von einer Reise zurückkehre. Denn zuallermeist ist – vor allem in Bezug auf Letzteres – das Gegenteil der Fall.