Zwei Tage Burgfräulein in der Goldenen Stadt Jaisalmer, Rajasthan

Die Goldene Stadt Jaisalmer

Die goldene Oasenstadt Jaisalmer liegt wie ein Märchen aus 1001 Nacht mitten in der Wüste Thar. Die Grenze zu Pakistan ist circa 120 Kilometer entfernt. Goldene Stadt wird sie deswegen genannt, weil die goldgelben Sandsteinhäuser im Sonnenlicht (und davon gibt es hier genug!) und vor allem in der Abendsonne geradezu leuchten.

Der Großteil der Touristen kommt nach Jaisalmer, um eine Wüstensafari zu unternehmen. Auf dem Rücken der Kamele möchten sie durch den heißen Sand der Wüste reiten und die Stille und Ruhe der Sanddünen genießen. Die Realität sieht sicherlich anders aus, denn der Tourismus mit den Safaris ist Business pur. An jeder Straßenecke gibt es Touranbieter, die damit werben, nicht die 0815-Touristentour zu unternehmen. 

Update: Einen Erfahrungsbericht über die Kamel- und Wüstensafaris, die in Jaisalmer angeboten werden, findest du auf dem Blog von Sandra und Christian auf See you on the flipside. Und auch wenn der Bericht der beiden erst nach meinem Besuch in der Stadt entstanden ist, bestätigt er genau meine Befürchtungen.

is‘ klar, ne?!

Ich frage mich, wenn alle eine solche Tour anbieten, was dann eigentlich 0815 oder touristy ist und entscheide mich dagegen, eine solche Tour zu unternehmen. Nicht wegen des 0815 oder weil ich davon überzeugt bin, keine endlose Weite und einsames Wüstenfeeling spüren zu können, sondern weil ich einerseits wenig Lust auf den Kommerz von Bauchtanzgruppen, Schlangenbeschwörern und Fotoshootings mit selbigen habe und andererseits bereits mehrmals auf einem Kamelrücken durch eine Wüste geritten bin – und wirklich die dortige Einsamkeit zu spüren bekam.

Viel lieber verbringe ich meine beiden Tage in der Stadt und sauge einen Hauch dessen auf, was früher als Zwischenhalt für zahlreiche Kamelkarawanen diente, um Gewürze, Stoffe, Elfenbein oder Drogen in den Orient zu transportieren.

aha?!

Der Gadhisar Lake

Bevor ich in meiner Unterkunft einchecke, besuche ich den Gadhisar Lake, der im 14. Jahrhundert der Wasserversorgung dienen sollte. Ich setze mich an das Ufer – es ist nahezu menschenleer – und schaue auf den großen See hinaus.

Ein altes, verrottendes Boot, das scheinbar einmal dazu gedacht war, Menschen auf die andere Seite oder die Mitte des Sees zu transportieren, liegt neben mir. In der Mitte des Sees: ein kleiner Pavillon. Auf den Ghats: ein paar Tauben. Und hinter mir steht – wie sollte es auch anders sein?! – eine Kuh.

Bada Bagh

Bada Bagh oder Bara Bagh, was so viel bedeutet wie Big Garden und auf Google Maps auch unter diesem Namen zu finden ist, ist ein riesiges Areal von Ehrengrabmälern vergangener Dynastien in Jaisalmer. Etwa sechs Kilometer nördlich der Stadt kann man für 150 Rupees (zzgl. 100 Rupees für die Kamera) die Gräber besichtigen.

Der Ort ist auf eine gewisse Weise ein ganz mystischer, denn weder findet man hier Touristen noch irgendwelche tour guides. Einzig ein einsamer local sitzt in einem kleinen Kassenhäuschen und kassiert die wenigen Eintrittsgelder, die hier über den Tag hinweg zusammen kommen. Die Atmosphäre ist irgendwie gespenstisch. Eine Mischung aus Mystik, Geheimnis und absoluter Totenstille. Wäre da nicht das leichte Grollen eines herannahenden Gewitters im Hintergrund.

Auch wenn Bara Bagh übersetzt Großer Garten bedeutet, so ist dieser Ort alles andere als ein solcher. Der Ort wurde errichtet, um an vergangene Könige und Königinnen zu erinnern. Das allererste Chhatris stammt aus dem 16. Jahrhundert und war das des Jai Singh II, der dafür bekannt war, die Wüste Jaisalmers grün gemacht zu haben. Diese Tradition wurde schließlich beibehalten und auch heute noch findet man relativ neue Cenotaphs in Bara Bagh. Das neueste, das ich entdecken konnte, war von jemandem, der 1949 gestorben war – sein Name war leider nicht mehr vollständig lesbar.

Die Zeit eilte ein wenig, denn das Grollen in der Ferne war sehr bald nicht mehr nur in der Ferne zu vernehmen, sondern kam deutlich und vor allem recht schnell näher. Gurmeet hatte sich schon mit Regenschirmen auf dem Areal bereit gestellt – wäre ja schlimm, wenn das Mädchen nass würde. Dank dieser Vorbereitung wurden wir aber (natürlich) vom Regen verschont. 🙂

Dieser begann erst als wir wieder in der Stadt im Restaurant saßen. Und auch wenn ich Gurmeet oben noch wegen des Schirms und der potenziellen paar Tröpfchen, die da vielleicht runterkommen, ausgelacht habe, so wurde mir ganz anders, als mir klar wurde, wie schnell ein Gewitter hier los brechen und welch eine Heftigkeit es haben kann. Film ab für das Gewitter über Jaisalmer.

Klicke auf den Link für meinen Fotospaziergang durch Bara Bagh.

Die Altstadt und Jaisalmer Fort

Die Jaisalmer Fort ist nicht zu übersehen, denn bereits von Weitem thront sie über der Goldenen Stadt. Etwa 3000 Menschen wohnen in dieser Stadt mit ihren kleinen verwinkelten Gassen, in welchen man schnell mal die Orientierung verliert. Auch Google Maps hilft da nicht mehr, denn ein korrektes GPS-Signal ist kaum möglich. Ein bisschen erinnert mich mein Spaziergang durch die Burg an die kleinen Straßen in Marrakesch. Ein bisschen auch an Venedig. Denn urplötzlich kann es passieren, dass eine Gasse einfach endet.

Wenn du dich aber einmal ein bisschen zurechtgefunden hast, findest du hier alles Mögliche – von zig Havelis, über Tempelanlagen bis hin zu zahlreichen Restaurants, coffee shops, guest houses und Märkten.

Als Unterkunft habe ich mir für meine zwei Tage natürlich ein Guesthouse auf der Burg ausgesucht. Gurmeet ist von dieser Idee nicht ganz so angetan wie ich: Hier hoch darf weder ein Auto fahren, so dass ich auf ein Tuk Tuk angewiesen bin, damit ich mit meinem Gepäck auf die Burg gelange, noch kann er gewährleisten, sollte irgendetwas sein, binnen kürzester Zeit bei mir sein zu können.

Seine Sorgen sind durchaus unbegründet. Brav wie ich bin verhalte ich mich regelkonform: keine Getränke von und keine Gespräche mit fremden Menschen, das Guesthouse spätestens um 20 Uhr aufsuchen und vor allem auch dort bleiben und kein Abendessen an einem Marktstand. Wirklich Ruhe kann er aber scheinbar nicht finden, denn an beiden Abenden erkundigt er sich, ob ich in meiner Unterkunft sei, ruft mich morgens direkt wieder an, um zu erfragen, wie meine Nacht gewesen sei. Süß irgendwie. Aber auch zeigt es wohl das Gefährlichkeitspotenzial, das in dieser Stadt in der Nacht steckt. 

Und so bezog das Burgfräulein schließlich am frühen Abend für zwei Tage ihr Gemach auf der Jaisalmer Fort und unternahm am ersten Morgen einen ausgiebigen Foto-Spaziergang durch die Straßen Jaisalmers und das Burgareal.

Blick aus meinem Zimmer auf Jaisalmer

Kleiner Tipp an der Stelle: Pack‘ deinen mp3-Player mit ein und drück‘ dir, sobald du deine Unterkunft verlässt, die Stöpsel in die Ohren. Das wirkt wahre Wunder. Denn auch wenn die Straßen der Goldenen Stadt morgens zwischen 8 und 9:30 Uhr noch relativ leer sind, wirst du nicht umhin kommen, ständig auf dein (wahrscheinlich nicht vorhandenes) Bedürfnis nach einem tour guide oder einer Tuk Tuk-Fahrt  angesprochen zu werden. Auch ständige Angebote, irgendwelche Shops mit Schals, Ketten, Ohrringen, Postkarten, Tongefäßen, bestickten Taschen oder diversen anderen Souvenirs („My friiiiiend! Visit my shoooop! Discount, discount, only today!„) zu besuchen, umgehst du damit auf ganz wundersame Weise.

Wenn du mir folgen möchtest, wie ich mein Gemach auf der Burg beziehe, klicke auf diesen Link und lass‘ dich von dem kleinen Filmchen berieseln. 😉

Der Jain Tempel

Der Jain Tempel befindet sich auf der Jaisalmer Fort. Dieser stammt aus dem 15. und 16. Jahrhundert und ist eine Kombination aus etwa sieben wunderschönen, sandsteinfarbenen Jain Tempeln. Ganz nah kommt dieser Tempel sicherlich an den Jain Tempel in Ranakpur heran. Aber von diesem erzähle ich dir ein anderes Mal. 🙂

 

Und weil das Wetter und der Strom in Jaisalmer irgendwie auch ein paar Worte verdient haben, widme ich diesen beiden auch noch ein paar Worte…

 


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